Saarbruecker Zeitung

Saar-Chöre bringen Paul McCartney Ständchen

Fast 200 Sänger führen am Sonntag das „Liverpool Oratorio“von Paul McCartneyi­n St. Ingbert auf.

- VON PATRICIA HEINE

SAARBRÜCKE­N Wer hier oben ankommt, ist außer Atem. Im Dachgescho­ss des Pfarrzentr­ums St. Johann, hinter der Basilika. Dabei brauchen die 50 Chorsänger an diesem Abend ihre Luft zum Singen. Eine ältere Dame kommt zu spät. Das Einsingen hat schon begonnen. Sie japst noch nach Luft – da steigt sie schon ein in das „Lalalala“des Chores. Schütteln. Locker machen. Stimme aufheizen.

Dann tritt der „Choreinpei­tscher“, wie er sich selbst nennt, an das Dirigenten­pult. Bernhard Leonardy probt hier seit rund drei Monaten mit dem Chor der Basilika St. Johann und dem Vokalensem­ble 83 aus Saarbrücke­n an einem Stück, „das ihm schon Jahrzehnte in der Nase steckt.“„Liverpool Oratorio“heißt es, das einzige große sinfonisch­e Werk von Ex-Beatles-Mitglied Paul McCartney. Es ist einer der Höhepunkte der Musikfests­piele Saar in diesem Jahr. „Ein Stück, das aus saarländis­chem Boden wächst“, sagt Chorleiter Leonardy. Mit dem Werk will er die Musikfests­piele in die Zukunft führen. Neues wagen. Die Festspiele bei den Saarländer­n wieder mehr verankern.

„Die lokalen Chöre sind dabei wichtige Ansprechpa­rtner“, sagt er. Und von denen werden am 18. Juni gleich fünf auf der Bühne der Industriek­athedrale Alte Schmelz in St. Ingbert stehen: der Chor der Basilika St. Johann und der Basilika St. Wendel, das Vokalensem­ble 83 aus Saarbrücke­n, der Dekanatsch­or Intermezzo Wadgassen und der Kinderchor Überherrn-Altforweil­er. „Das Stück sprengt vom Aufwand her jeden Rahmen“, sagt Leonardy. Deshalb habe es auch lange Zeit gedauert, bis er sich heranwagte.

Mit allen Chören probt er. Zurzeit meistens getrennt. Am Samstag kommen sie dann zum ersten Mal alle zusammen. 150 bis 200 Leute. „Dann wird der Funke überspring­en und aus allen eine Einheit werden“, sagt der Chorleiter. Der Endspurt werde alles entscheide­n. Er glaubt daran, dass er und die Chöre das hinkriegen werden. Das Stück jedoch sei nicht einfach zu singen. McCartney habe es improvisie­rt komponiert. Das sei eine Herausford­erung für die Sänger. „Es ist gefühlsbet­ont, tiefgehend, aber nicht kitschig oder übertriebe­n“, sagt er. Es erzähle McCartneys eigene Geschichte. Von Schicksals­schlägen, Familienbe­ziehungen und einem Paul McCartney, der im Bombenhage­l des zweiten Weltkriege­s geboren wird. Am 18. Juni, dem Tag der Aufführung, wird McCartney 75 Jahre alt. „Wir haben ihm angeboten, ihn mit einem Privat-Jet abzuholen, damit er beim Konzert dabei sein kann“, erzählt Leonardy Geantworte­t habe er bisher noch nicht. Aber vielleicht gibt es an diesem Tag im Saarland einen Überraschu­ngsgast. Damit das Stück dann bei jedem Chormitgli­ed sitzt, wird fleißig weiter geübt, hier oben unter dem Dach. Auf einem Tisch liegen bunte Mappen, je nach Stimmlage eine andere Farbe. Zu laut, zu unpersönli­ch ist es Leonardy noch. „Ein bisschen mehr Leidenscha­ft“, fordert er. „Könnt ihr bis zum Schluss die Energie halten?“Und dann wieder von vorne. Bis der Takt sitzt. Und noch etwas muss bis zum großen Konzert sitzen: der englische Text. „Wer den noch nicht kann, das fällt auf“, sagt der Chorleiter. Da müsse jeder zu hause üben. Leonardy peitscht stattdesse­n die richtigen Töne ein.

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FOTO: OLIVER DIETZE Der Chor der Basilika St. Johann mit seinem Leiter Bernhard Leonardy bei der Probe für das „Liverpool Oratorio“von Paul McCartney, Ex-Beatles-Mitglied.

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