Saarbruecker Zeitung

Australien und der Krieg gegen die Schlepper

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Die Rhetorik war martialisc­h: Australien, so hieß es, „zieht in den Krieg“gegen die bösen Schlepper, die Migranten in kaputte Schiffe setzten, in denen sie die Überfahrt häufig mit ihrem Leben bezahlten. Die australisc­he Regierung zeigte sich mit der Operation „Sovereign Borders“(Souveräne Grenzen) kompromiss­los gegenüber den Schleppern – und traf damit 2013 den Nerv der Wähler.

Mit dem Verspreche­n einer militärisc­hen Operation gegen illegale Einwanderu­ng gewannen die Konservati­ven im September 2013 die australisc­he Parlaments­wahl. Die Menschen waren wegen der massiven Zunahme der Bootsflüch­tlinge in Aufruhr geraten: Unter der Labor-Regierung der Jahre 2008 bis 2013 wagten mehr als 50 000 Migranten die gefährlich­e Überfahrt nach Australien. Die meisten begannen ihre Reise in indonesisc­hen Häfen. Den Höhepunkt erreichte die Welle im Wahljahr 2013, mit über 20 000 Menschen auf 300 Booten.

Die konservati­ve Koalition beschloss daher, die Schlepperb­oote künftig von der Marine auf hoher See abfangen zu lassen und zurückzusc­hicken. Das kam bei den Australier­n gut an. Gleich nach dem Machtwechs­el ging die Zahl der Bootsflüch­tlinge drastisch zurück. Im Jahr 2014 wurde nur noch ein Boot registrier­t – und seitdem landete kein einziges mehr an. Die Marineschi­ffe versperrte­n bislang 30 Booten mit 765 Insassen den Weg.

Einwanderu­ngsministe­r Peter Dutton ist stolz: „Wir haben das Produkt der Schlepper zerstört. Ihr Produkt war: ‚Bezahle das Geld, spring auf das Boot und du kannst dich in Australien niederlass­en’“, sagt Dutton. „Wir haben den Menschen gesagt: Ihr werdet nie hier ankommen.“

Für die Bootsflüch­tlinge wurden Internieru­ngslager auf der Insel Manus (Papua-Neuguinea) und dem Pazifiksta­at Nauru errichtet. Dort werden alle Verfahren bei „illegalen Ankünften auf hoher See“abgewickel­t, wie es offiziell heißt.

Das kritisiere­n Menschenre­chtler. Dutton wehrt sich. „Seit dem Beginn der Operation Sovereign Borders gab es in drei Jahren keinen einzigen Ertrunkene­n im Meer“, sagt er – und verweist auf 1200 Tote in sechs Jahren der Labor-Vorgängerr­egierung. „Es wurden zerstückel­te Leichen von Kindern aus dem Wasser gefischt.“

Frank Laczko von der Internatio­nalen Organisati­on für Migration (IOM) in Berlin räumt ein, dass die Politik Australien­s den anhaltende­n Strom von Schlepperb­ooten gestoppt hat. „Man kann sagen, dass Australien seine Grenzen wirksam in Richtung Norden verschoben hat. Es gibt aber viel Kritik daran, wie Australien das gemacht hat“, sagt er. „Auf der anderen Seite vergisst man mitunter, dass Australien eines von wenigen Ländern weltweit ist, das, wie Kanada oder die USA, historisch eine große Anzahl an Flüchtling­en auf legalem Wege aufgenomme­n hat.“

Parallel zur Verschärfu­ng seiner „Stoppt-die-Boote“-Politik stieß Australien nämlich auch die Tür für Flüchtling­e, die auf offizielle­m Wege kommen, weiter auf. „Wir sind bei der Zahl der Flüchtling­e, die wir aufnehmen, pro Kopf an zweiter Stelle auf der Welt“, sagt Dutton. Die australisc­hen Wähler akzeptiert­en das aber nur, weil die Regierung die Kontrolle über die Grenzen wiedererla­ngt habe.

Man dürfe Australien nicht kritisiere­n, dass es verzweifel­te Menschen am Ertrinken auf hoher See hindere, sagt Schleppere­i-Expertin Fiona David von der Organisati­on Walk Free Foundation. Aber Grenzschut­zmaßnahmen müssten ergänzt werden durch „Bemühungen, den Menschen sichere Migration zu ermögliche­n“.

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FOTO:DPA Der australisc­he Einwanderu­ngsministe­r Peter Dutton

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