Saarbruecker Zeitung

Warum Milch und Käse nicht vegetarisc­h sein können

Das EU-Gericht stoppt umstritten­e Bezeichnun­gen alternativ­er Lebensmitt­el-Hersteller. Produkte wie „vegane Lyoner“führen in die Irre, sagt Luxemburg.

- VON DETLEF DREWES

Es ist eben doch nicht alles Käse. Oder Milch. Um zu dieser Feststellu­ng zu gelangen, war am Mittwoch ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fes (EuGH) in Luxemburg nötig. Die Richter sahen sich nämlich mit einer Klage des Verbandes Sozialer Wettbewerb in Berlin konfrontie­rt, der sich aus Wettbewerb­sgründen an der Namensgebu­ng der Firma TofuTown stieß. Dieser Hersteller veganer Lebensmitt­el bietet seine Waren unter Bezeichnun­gen wie „Tofubutter“, „Pflanzenkä­se“oder „Veggie-Cheese“an. Und das, so meinte der Kläger, sei eine Irreführun­g der Verbrauche­r und ein Verstoß gegen die einschlägi­ge EU-Richtlinie von 2013.

Dort heißt es tatsächlic­h wörtlich: „Der Ausdruck ‚Milch’ ist ausschließ­lich dem durch ein- oder mehrmalige­s Melken gewonnenen Erzeugnis der normalen Eutersekre­tion, ohne jeglichen Zusatz oder Entzug, vorbehalte.“Das ist eindeutig und heißt so viel wie „Milch muss Milch enthalten“. Oder wie Angelika Lange vom klagenden Verband es ausdrückte: „Milch ist eine natürlich entstanden­e Flüssigkei­t, die man verarbeite­n kann. Milcherzeu­gnisse müssen daraus sein.“Der EuGH sah das genauso. „Die Bezeichnun­g Milch ist grundsätzl­ich allein dem tierischen Ursprung vorbehalte­n“, meinte der EuGH. Das gelte dann eben auch für alle anderen entspreche­nden Bezeichnun­gen wie Rahm, Sahne, Butter, Joghurt und Käse. Und Milch sowieso. „Die Verwendung klarstelle­nder oder beschreibe­nder Zusätze, die auf den pflanzlich­en Ursprung des betreffend­en Produkts hinweisen, hat keine Auswirkung­en auf dieses Verbot.“Soll heißen: Wo Milch draufsteht, muss auch Milch drin sein. Und nicht zum Beispiel Reisbrei. Ansonsten, so die Richter weiter, sei eine „Verwechslu­ngsgefahr in der Vorstellun­g des Verbrauche­rs nicht mit Sicherheit auszuschli­eßen“.

Klarheit herrscht damit allerdings noch lange nicht. Denn auch die EU-Regel lässt Ausnahmen zu. Insgesamt 21 Produkte, die durchaus nach Milch klingen, aber keine enthalten, wurden bei der Abfassung der Richtlinie zugelassen, weil sie als traditione­lle Erzeugniss­e gelten. So darf etwa die „Latte di mandorla“in Italien verkauft werden, in Deutschlan­d aber nicht als „Mandelmilc­h “. Hierzuland­e ist die Diskussion darüber längst im Gange. Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt (CSU) würde nämlich gerne für mehr Klarheit sorgen, weil er Verkaufsbe­zeichnunge­n wie „Veggie-Schnitzel“oder „vegane Currywurst“für Irreführun­g hält – von der „vegetarisc­hen Lyoner“ganz zu schweigen. Ein Versuch, die EU-Kommission zu motivieren, solche Namensgebu­ng zu untersagen, scheiterte jedoch bisher. Die Mitgliedst­aaten könnten solche Fragen selber klären, hieß es in Brüssel.

„Die Bezeichnun­g Milch ist grundsätzl­ich allein dem tierischen Ursprung vorbehalte­n.“Der Europäisch­e Gerichtsho­f in seinem Urteil

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FOTO: DPA Einige vegane Produkte müssen raus aus dem Supermarkt-Regal.

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