Eine neue Lockerund Offenheit am Staatstheater
Wenn man Kurt Josef Schildknecht im Staatstheater über den Weg lief, nahm man selbst als Journalistin unbewusst Haltung an. Ihm die Hand zu reichen, hatte immer etwas Zeremonielles. Jede Begrüßung war auch eine Respekterweisung. Man vergaß dabei nie, dass es der Chef, der Generalissimus war, der einem gerade Aufmerksamkeit schenkte. Ganz anders Dagmar Schlingmann. Meist war sie es, die einen in der Menge zuerst entdeckte, auf einen zustürmte zum freundlichflotten Shakehands wie unter alten Bekannten und beim kurzen Plausch nicht versäumte, sich für einen selbst lange zurückliegenden Artikel zu bedanken und den darin erwähnten Künstler zu loben. Es war dieser grundlegende Stilwechsel, der uns von Schlingmann in Erinnerung bleiben wird: Die neue Unverkrampftheit, Lockerheit, die mit ihr ins Saarbrücker Staatstheater einzog. Mit Schlingmann, die nicht gern die Chefin gab, wurde das Haus vor allem für junge Leute viel attraktiver. Nicht nur auf der Sprechtheater-Bühne hörte man plötzlich viel öfter (pop-)musikalische Begleitung. Mit der Sparte 4 eröffnete sie einen neuen Ausprobier-Raum für Formate von Jelinek über Stadtsalon bis hin zu „Tatort“-Gucken, in dem man sich dank vieler Pop-Konzerte nebst Raucherraum und Bar wie in einem Berliner Club fühlen durfte.
Lobenswert ist auch die Offenheit, ob die Einbeziehung von Künstlern der lokalen Freien Szene oder die Kooperation über die Grenze. Mit den – manchmal auch anstrengenden – „Primeurs“brachte sie lange vor der F-Strategie wieder mehr Französisches in Haus, brachte mit „Total Théatre“Luxemburger Inszenierungen hierher. Bravourös nutzte sie die Umbau-Not für Unvergessliches in der Völklinger Hütte und der Alten Schmelz. Und doch: So gespannt wie damals, erwartet man heute nicht mehr jede Premiere. Zu ähnlich erscheint oft der Inszenierungsstil von Schlingmann und ihren Regisseuren. Deshalb: Man entlässt sie mit guten Erinnerungen und voller Neugier, was das Busse-Team bringt.