Menschenkenntnis erzeugt Menschenkenner
Gereon Jörn erzählt im Interview über das Wissen der Persönlichkeitstypen
Saarbrücken Beim Expertenvortrag am 30. Juni mit Gereon Jörn in der Reihe REDENSWERTES erfahren die Besucher, wie sie auf andere Menschen wirken. Dabei geht es auch darum, wie man selbst mit anderen umgeht. SZMitarbeiter Kai Hunsicker hat vorab mit dem Referenten gesprochen.
Herr Jörn, Sie gelten als Menschenkenner. Aber wie überhaupt lernen Menschen andere Menschen kennen?
Gereon Jörn: Eine sehr gute Frage, die ich in drei Teilen beantworten möchte, denn aus meiner Sicht gibt es drei verschiedene Herangehensweisen. Die am meisten verbreitete Art, Menschen kennenzulernen, erfolgt in den ersten Sekunden über einen Abgleich aus den Erfahrungen mit ähnlichen Menschen aus der Vergangenheit. Es klingt schräg. Doch die meisten Menschen tun dies. Person A erblickt Person B und sofort fängt eine Bewertung an. Im Unterbewusstsein wird nach einer ähnlichen Person gesucht. Dann wird nachgeforscht, welche Erfahrungen damit verbunden sind. Schon hat Person A den ersten Eindruck. Das ist evolutionär bedingt.
Unsere frühen Vorfahren saßen am Lagerfeuer und aus dem Gebüsch trat eine Person heran. Jetzt musste der Mensch am Lagerfeuer binnen Sekunden entscheiden, ob dies Freund oder Feind ist, um sich entsprechend zu verhalten. Die zweite Gruppe lernt jeden Menschen neutral kennen. Sie bemühen sich keine Vorurteile zu haben und kein Schubladendenken zu nutzen. Dies gelingt nur Wenigen. Die dritte Art ist die Menschlerei. Dabei wird auf das Verhalten, auf die Sprechweise und andere Dinge geschaut. Dadurch ergibt sich ein Temperament, welches gute und natürlich auch schlechte Seiten hat. Allerdings gibt es kein richtig oder falsch mehr. Ich gehörte, wie viele andere, lange Zeit zur ersten Gruppe. Menschen waren für mich ok bzw. nicht ok. Sie waren richtig oder falsch. Seit ich die Menschlerei nutze, weiß ich, dass es kein richtig oder falsch gibt, sondern jeder Mensch ist anders und jedes Anders ist eine Form von richtig.
Sie sagen: „Die Kunst ist es, andere Menschen für sich zu gewinnen.“Wie stellt man das denn am besten an?
Gereon Jörn: Es ist wie beim Angeln. Ein Angler überlegt sich auch: Welchen Fisch will ich angeln? Wo gibt es diesen Fisch? Welche Angel brauche ich dazu? Welchen Köder benötige ich? Dies ist beim Menschengewinnen genau das Gleiche. Menschen lieben Menschen, die so sind, wie sie selbst oder so sind, wie sie selbst gern sein möchten.
Und nun? Was nützt es uns, Menschen zu kennen und sie für sich gewonnen zu haben?
Gereon Jörn: Sie kommen leichter durchs Leben. Wenn Sie z. B. einen Artikel schreiben, machen Sie sich auch Gedanken, wie sollte dieser geschrieben sein, dass möglichst viele Menschen Freude beim Lesen haben? Toll wäre doch auch, wenn der Artikel so gut ist, dass die Leser ihn weiterempfehlen und dadurch noch mehr Menschen Ihre Zeitung abonnieren. Ich habe da eine Aussage, die ich in jedem Vortrag verwende: Unser beruflicher und privater Erfolg war, ist und wird immer davon abhängig sein, wie gut wir mit anderen Menschen zurecht kommen. Es erleichtert das Leben, wenn wir verstehen, wie unsere Freunde, Lehrer, Eltern, Kollegen, Chefs, Kunden die Welt sehen. So können wir so mit ihnen reden, wie sie es brauchen. Der Köder muss eben dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Wir leben in einer Welt, in der wir nur durch und mit anderen Menschen erfolgreich werden.
Erfolgreich ist also, wer mit anderen Menschen gut zurecht kommt? Vielleicht will ich aber mit manchen Menschen auch gar nicht zurechtkommen?
Gereon Jörn: Ja, genau da liegt der Unterschied in der Menschlerei zum allgemeinen Umgang miteinander. Wer die Menschlerei kennt, kann entscheiden, mit wem er zurecht kommen möchte. Es ist eine Entscheidungsfrage. Wenn dieses Wissen nicht vorhanden ist und nicht entschieden werden kann, dann komme ich einfach nicht mit dem oder der zurecht. Dann fehlt ganz einfach die Fähigkeit, Menschen für sich zu gewinnen.
Sie sind auch Coach für soziale Intelligenz. Kann man so etwas wirklich lernen?
Gereon Jörn: Sehr gut sogar. Es ist wie mit einem Suchbild. Stellen Sie sich vor, ich zeige Ihnen ein Suchbild, in dem Dinge versteckt sind. Sie suchen und suchen und suchen. Sie werden auch einige der Dinge finden. Dann schauen wir gemeinsam drauf und ich zeige Ihnen die Dinge, die Sie noch nicht gefunden haben. Eine Stunde später schauen wir noch einmal auf das Suchbild. Was passiert? Sie werden mehr und schneller die versteckte Dinge finden als vorher. Mit dem richtigen Wissen erkennen Sie mehr. Neben dem Erkennen werden Sie auch besser verstehen. Sie haben Verständnis für anders tickende Menschen. Dadurch können Sie die Art und Weise des Umgangs wählen.
Der Vortrag am 30 Juni mit Gereon Jörn beginn ist um 19 Uhr in der proWIN Akademie in Landsweiler-Reden.
Karten für 49 Euro, SZ-Card-Inhaber 44 Euro, inklusive Fingerfood und Getränke, unter Tel. (06 81) 5 02 55 22 oder direkt bei der SZ vor Ort in Saarbrücken.