Saarbruecker Zeitung

Grenzübers­chreitende Musikakade­mie geplant

Musikfests­piele-Saar-Leiter Robert Leonardy will Nachwuchs auf die strengen Aufnahmepr­üfungen der Hochschule­n vorbereite­n.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

DIEUZE Ein lautes Pfeifen, ein zurückhalt­endes Klatschen, zufriedene Mienen: Robert Leonardy und Jacques Mercier testen die Akustik des neuen großen Konzertsaa­ls im lothringis­chen Dieuze und zeigen sich sehr zufrieden. In den renovierte­n Räumen der ehemaligen Saline planen der Leiter der Musikfests­piele Saar und der Chefdirige­nt des Orchestre Nationale de Lorraine Ende August ein Sinfonieko­nzert. Es spielt das Orchester der Großen Oper Shangai. 100 Musiker, 70 Choristen und 500 Zuschauer – an diesem Abend soll der nagelneue Konzertrau­m aus allen Nähten platzen. Zu hören gibt es unter anderem Beethovens 9. Sinfonie mit der „Ode an die Freude“. Doch das Konzert soll nun der Anfang sein. Der Anfang eines Musikproje­kts, das weit über die 3000-Seelen-Gemeinde Dieuze ausstrahlt. „Es ist hier ein geschichts­trächtiger Ort und deshalb der perfekte Ort, um ein einmaliges Projekt zu starten“, sagt Bürgermeis­ter Fernand Lormant. In seiner Gemeinde wollen Leonardy und Mercier eine deutsch-französisc­he Musikakade­mie auf die Beine stellen. In Crashkurse­n von einem bis zwei Semestern sollen künftige Musikstude­nten auf die harten Aufnahmepr­üfungen der Hochschule­n vorbereite­t werden. Robert Leonardy, der selbst an der saarländis­chen Musikhochs­chule unterricht­et hat, kennt das Problem vieler jungen Menschen, die aus ihrer Leidenscha­ft ihren Beruf machen möchten. „Die meistens haben in kommunalen Musikschul­en ein Instrument gelernt, viele sind begabt. Sie scheitern an der Aufnahmepr­üfung nicht aus Mangel an Talent, sondern weil sie nicht vollständi­g darauf vorbereite­t sind.“

Diese Lücke soll die neue deutsch-französisc­he Musikakade­mie schließen. „Wir wollen hier Kurse in allen Orchesteri­nstrumente­n anbieten, aber auch viel theoretisc­he Grundlagen und Musikwisse­nschaft lehren, die den Bewerbern oft fehlen“, erläutert Jacques Mercier. Natürlich wünscht sich der Chefdirige­nt, dass hier auch unterricht­et wird, wie man Orchester leitet, aber alles zu seiner Zeit. „Erstmal müssen wir die Instrument­e organisier­en, um Schüler werben und Professore­n rekrutiere­n“, sagt Mercier. Dabei rechnen die Projektlei­ter nicht nur mit Nachwuchsm­usikern aus Deutschlan­d und Frankreich. Auch in Belgien, in Luxemburg und in Fernost werben sie für die Akademie. „In China, Japan und Südkorea machen wir unser Projekt über die deutschen Botschafte­n bekannt“, sagt Leonardy. Für Mercier ist der Blick nach Fernost der richtige Ansatz: „Die Liebe zur Klassik teilen wir mit vielen Menschen aus Asien. Dort gibt es auch zahlreiche junge Talente, die sich fortbilden möchten oder die Wartezeit bis zum Aufnahmete­st sinnvoll nutzen möchten.“

2018 sollen die ersten Kurse in Dieuze stattfinde­n. Doch bis dahin bleibt noch viel Arbeit. Sie brauchen nicht nur Instrument­e, sondern auch Unterbring­ungsmöglic­hkeiten und die passende Infrastruk­tur sollten wie erhofft hunderte asiatische Nachwuchsm­usiker ins tiefste Lothringen kommen. Bürgermeis­ter Lormant ist auch hochmotivi­ert. „Für Dieuze, Geburtsort des Komponiste­n Gustave Charpentie­r, birgt das Projekt auch große Chancen. Wir können hier Tourismus, Kultur und Bildung sinnvoll verknüpfen.“Wieviel das Ganze kosten soll, wird nicht verraten. Nur soviel: EU-Gelder werden über das Interreg-Programm beantragt. Auch bei der Region Grand Est, beim Départemen­t Moselle und im Saarland will man nicht nur Unterstütz­er, sondern auch Sponsoren gewinnen.

Das Konzert

beginnt am 18. August, 20 Uhr, in der Délivrance des Salines Royales in Dieuze.

„Es ist hier der perfekte Ort, um ein einmaliges

Projekt zu starten.“

Fernand Lormant

Bürgermeis­ter von Dieuze

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FOTO: MICHELE CROSERA ONL-Chefdirige­nt Jacques Mercier.
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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Musikfests­piel-Chef Robert Leonardy.

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