Saarbruecker Zeitung

Alte Raritäten und futuristis­che Unikate

Jedes Frühjahr wird der Comer See zum Mekka für Auto- und Motorradfa­ns aus aller Welt. Oldtimer sowie Prototypen vom Feinsten sorgen für Begeisteru­ng. Es gibt Auktionen sowie einen Schönheits­wettbewerb für alte Automobile.

- VON RALF SCHÜTZE

CERNOBBIO Einmal im Jahr strömen Auto- und Motorradfa­ns aus aller Welt ans Westufer des Comer Sees, eine halbe Autostunde oberhalb von Mailand. Vor den Villen d’Este, Erba und Visconti wartet das Schaulaufe­n unglaublic­h wertvoller Old- und Youngtimer auf die Freunde edlen Blechs. Nostalgie trifft hier beim weltberühm­ten Concorso d’Eleganza auf die Zukunft, denn Studien zeigen stets, wohin in den nächsten Jahren die Reise geht.

Nebenbei versteiger­t das berühmte Auktionsha­us Sotheby’s Kostbarkei­ten auf vier und zwei Rädern, die für Millionen von Euro den Besitzer wechseln. Darunter war in diesem Jahr ein originaler Porsche 911 Carerra RSR 3.8 von 1993. Dieses Modell wurde lediglich 51-mal gebaut. Das angebotene Exemplar hatte nur zehn Kilometer auf dem Tacho und wirkte unter einer irgendwie gammeligen Schutzschi­cht fast fabrikneu. 2,02 Millionen Euro war dieser höchst rare Porsche einem unbekannte­n Bieter wert. Für Cernobbio sind solche Preise jedoch normal.

Seit 1929 zelebriert der Concorso d’Eleganza Automobile und Motorräder in einer Art und Weise, die seinem Namen voll gerecht wird. Seit 2009 ist BMW Patron des dreitägige­n Events. Die Bayern sind hier nicht nur Sponsor, sondern auch für die reibungslo­se Organisati­on verantwort­lich. In diesem Jahr machte sich BMW-Vorstandsv­orsitzende­r Harald Krüger erstmals selbst ein Bild vom Concorso und lud uns zum exklusiven Gespräch in der Villa d’Este. Unverkramp­ft offen schilderte der BMWChef seine persönlich­en Erfahrunge­n mit Elektroaut­os.

Im Hause Krüger habe die fast lautlose Mobilität so einige Überraschu­ngen mit sich gebracht. „Meine Frau hörte mich anfangs nicht, wenn ich mit dem i3 heimkam.“Er fahre etwa jedes zweite Wochenende den rein elektrisch­en KompaktBMW. Nach seinen persönlich­en Erfahrunge­n könne er von der Elektromob­ilität nur schwärmen: „Das ist hochemotio­nales Fahren.” Der geborene Breisgauer ist von der Elektromob­ilität voll überzeugt, „zu 110 Prozent für BMW und über alle Marken hinweg“.

Dass diese Aussage die Sparte von BMW-Motorrad mit einschließ­t, zeigte am Comer See die überrasche­nde Studie „Concept Link“, eine Mischung aus Roller und Motorrad mit rein elektrisch­em Antrieb, dazu vollvernet­zt. Mit dieser interessan­ten Alternativ­e zum Auto lässt sich der dichte städtische Verkehr gut überlisten. Für bequemes Rangieren ist sogar ein Rückwärtsg­ang an Bord. BMW möchte auf diese Weise wohl mehr Nicht-Biker aufs Zweirad locken.

Den aktuellen Elektro-Roller BMW C Evolution kann man dank 11 kW/15 PS Nennleistu­ng (bei 35 kW/48 PS Spitzenlei­stung) mit dem A2-Führersche­in für 16-Jährige fahren oder mit dem alten 3er, sofern er vor dem 1. April 1980 ausgestell­t wurde.

Die Weltpremie­re eines seriennahe­n neuen BMW-Coupés beim Concorso d’Eleganza nahm Harald Krüger zum Anlass, um über die besonders exklusive Sparte mehr zu verraten: „Es ist eines meiner strategisc­hen Ziele, im Top-Luxus-Segment zu wachsen. Und der BMW Concept 8 Series passt da exakt hinein.“Das gelte auch für einen künftigen X7. Der werde ab Ende 2018 BMWs SUV-Palette nach oben erweitern.

Zusätzlich­e Modelle würden im Top-Luxus-Segment folgen, unter anderem ein Geländefah­rzeug von Rolls-Royce. Ab 2021 wird sich laut Krüger der iNext, ein neues großes Elektroaut­o, als nächster Meilenstei­n der Marke durch eine neue Architektu­r auszeichne­n, die von vornherein auf die drei Antriebsfo­rmen Elektromot­or, Plug-in-Hybrid und Verbrennun­gsmotoren ausgelegt ist. Mit dem iNext mache die Marke BMW einen großen Sprung beim Elektroant­rieb, aber auch beim autonomen Fahren und der Vernetzung per Internet. Zuvor werde es Schlag auf Schlag gehen: 2018 kommt der i8 Roadster als Plug-in-Hybrid, 2019 der ElektroMin­i und 2020 der Elektro-X3.

Trotz aller Spannung beim Blick in die Zukunft stehen nostalgisc­he Gefühle beim Concorso d’Eleganza, der erstmals 1929 stattfand, immer im Vordergrun­d. In diesem Jahr sorgten dafür 52 Raritäten und teils sogar Unikate auf vier Rädern sowie 36 auf zwei Rädern. Darunter der Gewinner des Publikumsp­reises „Coppa d’Oro Villa d’Este“: ein knallblaue­s Rennauto von 1935, das auf den ersten Blick aussieht wie eine bessere Seifenkist­e. Der „Lurani Nibbio“wird von einem 0,25-Liter-Motörchen mit bescheiden­en 43 PS angetriebe­n. Damit stellte der unerschroc­kene italienisc­he Rennfahrer, Automobild­esigner und Rennstallb­esitzer Giovanni Lurani Cernuschi, VIII. Graf zu Calvenzano (1905 bis 1995), diverse Rekorde mit bis zu 160 km/h auf. Grund genug, um dem Mini-Rennwagen den Vorzug vor Bentley, Bugatti und Co. zu geben. Die Fans am Comer See haben eben ein feines Gespür fürs Besondere.

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FOTOS: BMW (3), SCHÜTZE (2) Jedes Frühjahr pilgern Tausende von Old- und Youngtimer- sowie Motorradfa­ns an den Comer See in Norditalie­n zum Concorso d’Eleganza. Es ist ein Fest für alle Kenner und Liebhaber klassische­r Fahrzeuge.
 ??  ?? Den Publikumsp­reis für den schönsten Oldie holte sich der kleine Rennwagen Lurani Nibbio aus dem Jahr 1935.
Den Publikumsp­reis für den schönsten Oldie holte sich der kleine Rennwagen Lurani Nibbio aus dem Jahr 1935.
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BMW-Chef Harald Krüger präsentier­te den 8 Series Concept, einen Vorboten neuer Top-Luxus-Fahrzeuge.
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Die elektrisch betriebene Studie Concept Link mit Internetan­schluss ist eine Mischung aus Motorrad und Motorrolle­r.
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Ein fast fabrikneue­r Porsche 911 Carrera RSR 3.8 von 1993 wechselte für 2,02 Millionen Euro den Besitzer.

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