Die vielen Facetten des Übersetzens in einem Studiengang
Kai Bleif hat vier Jahre in Ecuador gelebt, bevor er für den Masterstudiengang „Translation Science and Technology“an die Saar-Uni kam. Neben dem Übersetzen lernen Studenten, sprachtechnologische Werkzeuge zu bedienen. Auch Grundlagen der Sprachwissenschaften gehören dazu.
„Man ist eine andere Person – je nachdem, welche Sprache man benutzt“, ist Kai Bleif überzeugt. Dieser kulturelle Aspekt von Übersetzungen und von Sprache interessiert den jungen Mann ganz besonders. Unter anderem aus diesem Grund hat er den Master „Translation Science and Technology“an der SaarUni belegt und studiert derzeit im zweiten Semester.
Der 30-Jährige bezeichnet sich als „Quereinsteiger“, denn eigentlich kommt er aus der Philosophie. In diesem Fach hat er 2012 seinen Bachelorabschluss an der Saar-Uni gemacht und Englisch im Nebenfach studiert. Während eines Auslandssemesters in den USA hatte er vor allem mexikanische Freunde. „Ich wollte mit ihnen in ihrer Muttersprache sprechen“, sagt der Student. Er hatte nämlich festgestellt, dass sich die Kommunikation in Abhängigkeit von der
Sprache verändert: „Je nach Sprache neigt man dazu, andere Dinge zu sagen und sie auf eine bestimmte Art und Weise auszudrücken.“
Die Studienkollegen aus Mexiko empfahlen ihm, zum Spanischlernen nach Ecuador zu gehen. Also zog Kai Bleif nach dem Bachelorabschluss in Ecuadors Hauptstadt Quito und lebte drei Monate in einer Gastfamilie. „Gleich am ersten Tag habe ich dort meine jetzige Freundin kennengelernt, die Tochter der Familie“, erzählt er. Insgesamt vier Jahre verbrachte der junge Mann in Quito: Im ersten halben Jahr lernte er Spanisch, danach unterrichtete er Deutsch.
Seit 2016 wohnen Kai Bleif und seine Freundin in Saarbrücken – und haben unterschiedliche Masterstudiengänge belegt. „Ich habe mich für ‚Translation Science and Technology‘ entschieden, weil ich mich für Übersetzungswissenschaften interessiere, aber mehr lernen wollte als reines Handwerk“, sagt Kai Bleif. Der Studiengang an der Saar-Uni habe ihn überzeugt, weil er neben dem Übersetzen auch sprachtechnologische Methoden vermittle und einen sprachwissenschaftlichen Teil beinhalte.
Vor allem die Praxisnähe vieler Lehrveranstaltungen weiß der Student zu schätzen: „Ein Dozent aus dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz hat uns beispielsweise gezeigt, mit welchen Content-Management-Systemen Firmen arbeiten. Unter anderem haben wir gelernt, eine Webseite zu programmieren oder Graphiken zu erstellen. Und wir haben viel Zeit bekommen, um mit diesen Dingen zu arbeiten.“
Im Studiengang wird Deutsch mit Englisch sowie einer romanischen Sprache kombiniert; zur Auswahl stehen Französisch, Italienisch und Spanisch. „Es gibt keinen Sprachunterricht, also keine Grammatik oder Vokabeln, sondern es wird nur übersetzt. Das wird dann intensiv besprochen“, erklärt Kai Bleif. „Beim Übersetzen muss man lernen, zwischen den Zeilen zu lesen“, so seine Erfahrung, „denn was Sprache bedeutet, ist vom Kontext abhängig.“
Zum Übersetzen gehört außerdem der gekonnte Umgang mit elektronischen Werkzeugen: So lernen die Studenten unter anderem, mit so genannten Corpora zu arbeiten; das sind Textsammlungen, die dokumentieren, wie Wörter in verschiedenen Kontexten gebraucht werden. Viel Stoff zu lernen gebe es in der Linguistik; sie untersucht unter anderem die Satzstruktur und die Bedeutung der Wörter im Satz.
„Durch das Masterprogramm qualifiziert man sich nicht nur als Übersetzer, sondern auch als Projektmanager in Übersetzungsprojekten. Beispielsweise, wenn eine Firma ein neues Handbuch erstellt und in 30 weitere Sprachen übersetzen will“, erzählt Kai Bleif. Am Studium fehlt ihm nur, dass im Wahlpflichtbereich keine wirtschaftswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen angeboten werden. „Ich würde mir beispielsweise BWL-Kurse wünschen.“Ansonsten ist er vom Studiengang überzeugt – zumal nur rund zehn Studenten in seinem Semester studieren: „Die Betreuung ist wirklich super.“
„Beim Übersetzen muss man lernen, zwischen den Zeilen zu lesen, denn was Sprache bedeutet, ist vom Kontext abhängig.“
Kai Bleif