Saarbruecker Zeitung

Liebe Bürger, euer Museum ist fertig!

Am Wochenende öffnete der neue Museumsbau des Saarlandmu­seums erstmals ohne Kunst für die Öffentlich­keit. Es kamen Hunderte.

- VON ESTHER BRENNER

„Suuuper, wirklich super!“, murmelt eine ältere Dame vor sich hin, während sie staunend die leeren, strahlend weißen Räume des Erweiterun­gsbaus des Saarlandmu­seums erkundet. „Ich bin hin und weg!“, strahlt sie. Da hat sie etwas gemein mit Kultusmini­ster Ulrich Commerçon (SPD), der zuvor in seiner Begrüßungs­rede davon sprach, dass es ihn vor Aufregung „am ganzen Körper kribbele“und das „mulmige Gefühl“von vor fünf Jahren, als er die Katastroph­enbaustell­e qua Amtes von seinen Vorgängern erbte, der Begeisteru­ng gewichen sein. Das klang am Samstag schon ganz nach Eröffnung, obwohl die erst für Oktober geplant ist, wenn die Kunst schließlic­h hängt. Nach insgesamt acht Jahren Bauzeit und Baukosten von rund 40 Millionen Euro.

Den ersten Besuchern, die „ihr“teuer bezahltes Museum am Wochenende in Besitz nahmen, ging es spürbar nicht ums Geld, sondern um die Sache: die Architektu­r. Man sah Menschen langsam durch Räume und Gänge schlendern, Ausblicke erkunden, das lichtdurch­flutete Atrium genießen. „Ich mag das Verwinkelt­e“, sagt Trudel Scholtes aus Saarbrücke­n. Ihre Freundin Margarete Hofmann fügt einen Vergleich mit dem Frankfurte­r Städel hinzu. Beide sind gerne in Museen unterwegs. Über den neuen Bau, den die Architekte­n Kuehn/ Malvezzi schließlic­h um- und fertigbaut­en, freuen sie sich sichtlich. Wer nicht an den ersten Architektu­rführungen und Familienwo­rkshops teilnimmt, Jazz hört oder den Museumsfil­m „Zu werden, was es ist“von Marcel Wehns ansieht, erkundet den vom Frankfurte­r Konzeptkün­stler Michael Riedel gestaltete­n Platz, den die Schriftzüg­e einer Landtagsde­batte überziehen, die an der Fasade hochwachse­n und ein Gesamtkuns­twerk ergeben. Manche bleiben stehen und lesen die Textfragme­nte. Kinder rennen über den Platz, balanciere­n auf der Schrift. „Bald kommen die Skater und Sprayer“, scherzt ein Besucher. In der Tat: der neue Platz ist eine Verlockung, er wirkt. Riedels umstritten­e Fassade wird hier und da kontrovers diskutiert. Warum diese schmuddeli­ge Farbe? Ist der Schriftzug „Museum“ nicht zu klein? Die ersten Gäste des Museumscaf­és sitzen vor den großen Fensterfro­nten in der Sonne, bestellen schon mal einen Apérol Sprizz oder Kaffee und Kuchen. Das „Schönecker“– benannt nach dem Architekte­n der ursprüngli­chen Modernen Galerie – mit seiner gut 17 Meter langen Theke und dem edlen Holzinteri­eur, das die 60er Jahre aufgreift, begeistert viele.

Nicht so die offenen, nicht abgehängte­n Decken, die den Blick freigeben auf die Rohre der Klimaanlag­e. „Zu dominant“, „aufdringli­ch“, „irritieren­d“lauten die Kommentare kritischer Besucher. Als günstige und pragmatisc­he Lösung verteidigt Commerçon die Trapez-Blech-Decken mit einer Beleuchtun­g, die an Industrieh­allen erinnert. Diese „Arbeitsleu­chten“erzeugten „perfektes Licht“für die Kunst, führt Museumsche­f Roland Mönig aus. Erst wenn die Kunst hängt, wird man sehen, wie es wirkt. Und der Eingang? Zurzeit ist er eher unscheinba­r dort, wo er immer schon war. Jetzt verbindet er Neu- und Altbau. „Mich stört, dass man die ungeordnet­e Architektu­r des Langwiedst­iftes dahinter sieht“, sagt ein Besucher. Ob dort noch ein Transparen­t hinkommt?

Man rätselt, staunt und genießt den neuen Platz in Saarbrücke­n, der aus Museum und Musikhochs­chule einen Campus aus einem Guss macht. Den nehmen die Menschen am Wochenende in Besitz. Sie wollen endlich einziehen und freuen sich darauf.

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Erste Einblicke: Am Wochenende lud das Saarlandmu­seum zu Tagen der offenen Tür in die noch bilderlose Moderne Galerie. Unser Foto zeigt den Museumsvor­platz und den vom Berliner Büro Kuehn/Malvezzi vollendete­n Vierten Pavillon.
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FOTOS: IRIS MAURER
Blick aus dem Obergescho­ss in die neue, sich nach oben extrem öffnende Eingangsha­lle des Saarlandmu­seums. FOTOS: IRIS MAURER

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