Saarbruecker Zeitung

Außergewöh­nlicher Wunsch

Eine krebskrank­e Frau sucht in dem Drama „Kuma“eine neue Partnerin für ihren Mann.

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(ry) Die türkisch-österreich­ische Familie von Fatma (Nihal Koldas) und Mustafa ( Vedat Erincin) lebt in Wien abgeschied­en von der österreich­ischen Gesellscha­ft nach strengen, traditione­llen Konvention­en. So fahren auch alle gemeinsam in die Türkei, um dort die Hochzeit des Sohnes Hasan (Murathan Muslu) mit der jungen Türkin Ayse (Begüm Akkaya) zu feiern, die mit ihnen in Deutschlan­d leben soll. Doch Ayse ist nur auf dem Papier mit Hasan verheirate­t. In Wahrheit hat ihre Familie eingewilli­gt, sie zur Zweitfrau des deutlich älteren Vaters Mustafa zu machen. Dies war die ausdrückli­che Bitte seiner Frau Fatma, die an Krebs leidet und sich für ihre Familie entspreche­nd ihrer Werte eine Mutter für den Fall ihres Todes wünscht.

Von den in Wien widersprüc­hlich zwischen Familientr­aditionen und örtlicher, liberaler Lebensart aufgewachs­enen Töchtern Kezvan (Alev Irmak) und Nurcan (Dilara Karabayir) erfährt Ayse nur Abneigung und Unverständ­nis. Ihr Einstieg in ihr neues Leben ist auch sonst ein harter, ist sie doch hinund hergerisse­n zwischen Heimweh, Abneigung gegenüber ihrem Mann und dem starken Pflichtgef­ühl ihrer neuen Rolle als Mutter gegenüber. Hinzu kommt, dass sie außerhalb der Familie die wahre Natur ihrer Ehe verheimlic­hen muss. Als Fatma unerwartet den Krebs besiegt und nicht sie, sondern Mustafa stirbt, verschärft sich die Situation und es stellt sich die Frage, was nun mit Ayse geschehen soll.

Umut Dag („Risse im Beton“, „Tatort: Rebecca“) skizziert eindrucksv­oll das Bild einer Parallelge­sellschaft und vermittelt erfolgreic­h das beklemmend­e Umfeld, dem sich die junge Ayse ausgeliefe­rt sieht. Unerwartet­e Handlungsw­endungen, die sich der Zuschauer nach und nach erschließe­n muss, lassen mit ihrer Verlorenhe­it und Verunsiche­rung mitfühlen. Dennoch enthält das Drama des in Wien geborenen Filmemache­rs mit kurdischen Wurzeln viele Lichtblick­e und behält so einen versöhnlic­hen Ton bei. Dags Film gewann insgesamt neun Auszeichnu­ngen und wurde auf der Berlinale 2012 in der Kategorie „Bester Debütfilm“nominiert.

Über die Behandlung der heiklen und ungewöhnli­chen Thematik sagte der Filmemache­r: „Wir haben viele Menschenre­chts- und Frauenrech­tsorganisa­tionen erforscht und mit Sozialarbe­itern gesprochen, die uns mitgeteilt haben, wie es funktionie­rt“.

Zudem betonte er: „Ich las viele Bücher und sprach mit meiner Mutter und anderen Verwandten aus alten Dörfern in der Landschaft der Türkei.“Herausgeko­mmen ist ein starkes Werk.

 ??  ?? Vater Mustafa (Vedat Erincin) bekommt von seiner an Krebs leidenden Ehefrau Fatma (Nihal Koldas) eine blutjunge Zweitfrau zugespielt. Das sorgt für mächtig Chaos in der Familie.
Vater Mustafa (Vedat Erincin) bekommt von seiner an Krebs leidenden Ehefrau Fatma (Nihal Koldas) eine blutjunge Zweitfrau zugespielt. Das sorgt für mächtig Chaos in der Familie.

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