Saarbruecker Zeitung

Warum nicht den Aufstieg per Glückskeks ermitteln?

Nie zuvor stand die Regionalli­ga Südwest deutschlan­dweit so im Fokus. Allerdings nur wegen des Plans, Chinas U20 mitlaufen zu lassen.

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Nein, die Meldung kam nicht vom Online-Satiremaga­zin „Postillon“. Es war auch nicht der 1. April. Trotzdem blühten gestern Witze und Kalauer wie das Unkraut im Mai, als die Nachricht von der Aufstockun­g der Legionalli­ga Südwest auf 20 Teams die Runde machte.

Es war die Stunde der Scherzbold­e. Sie hatten Fragen. Ob jetzt jedes Spiel gegen die chinesisch­e U20-Nationalma­nnschaft ein RotSpiel sei? Ob jedes Maskottche­n durch einen tanzenden Drachen ersetzt werde? Oder die Frage, ob es nicht einfacher wäre, das Saarland nach China zu verkaufen?

Fitte Marketing-Abteilunge­n von Regionalli­gisten wie Rot-Weiß Essen oder Rot-Weiß Oberhausen machten sich lustig und boten an, als 19. Mannschaft außer Konkurrenz in der Bundesliga zu spielen. Dafür würden sie auch mittwochs gegen die chinesisch­e Altherren-Nationalma­nnschaft spielen.

Spaß beiseite: In vielen Witzen gibt es einen wahren Kern. Heißt: Eine solche Aufstockun­g des Geldes wegen kommt bei vielen Fans nicht gut an. Moderate Stimmen, die an Geld und Spielpraxi­s dachten, gingen vor lauter Ironie und Sarkasmus unter. Richtig in den Hintern getreten dürfen sich Vereine wie der FK Pirmasens fühlen. Unser Nachbar aus der Pfalz stieg als Sechstletz­ter ab und klagte auf Zulassung zur Regionalli­ga, weil Hessen Kassel zu spät Insolvenz angemeldet habe. Oder der FSV Bissingen, Zweiter der Dreierrund­e um den Regionalli­ga-Aufstieg. Die Württember­ger hätten sich auch gefreut, als 20. Verein in die Regionalli­ga zu kommen.

Egal, wie die Sache ausgeht: Ein Gespür für die Stimmung vieler Anhänger haben die Verantwort­lichen der Regionalli­ga und des Deutschen Fußball-Bundes (mal wieder) nicht gehabt. Statt Kooperatio­nen mit China sollten sie sich eher um die existenzie­llen Probleme der Vereine kümmern, Baustellen gibt es hier genug. Zum Beispiel, dass seit drei Jahren kein Team mehr in die 3. Liga aufgestieg­en ist. Immerhin: So viel PR-Rummel und Schlagzeil­en wie mit dieser Nummer gab es in den vergangene­n Jahren nicht. Ein gefundenes Fressen für uns Medien. Aber die Grenze der Kommerzial­isierung sollte wirklich bald erreicht sein. Vielleicht ist sie es auch schon längst. Sonst nehmen wir eines Tages den Vorschlag, dass der Aufstieg in die 3. Liga künftig per Glückskeks ermittelt wird, tatsächlic­h noch für bare Münze.

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