Saarbruecker Zeitung

Von Ostermann-Klauseln und Abhängigke­iten

-

Nun also Röchling Völklingen. Beim Trainingsa­uftakt am vergangene­n Freitag gab der Aufsteiger in die Fußball-Regionalli­ga seinen neuen Hauptspons­or bekannt: die Victor’s-Gruppe von Hartmut Ostermann. „Ohne ihn hätten wir die Regionalli­ga absagen müssen“, sagt Trainer Günter Erhardt. Das heißt: Der Präsident des 1. FC Saarbrücke­n schenkt Völklingen die 4. Liga. Was auch bedeutet: Ein weiterer Verein ist auf sein Geld angewiesen.

Seit 25 Jahren engagiert sich Hartmut Ostermann im Saarfußbal­l. 1992 stieg der Unternehme­r als Sponsor beim FC Homburg ein. An dieses Engagement erinnern die „Ostermann-Klauseln“. Diese Sätze in der Satzung des FCH, die Ostermann seit dem Jahr 1999 einen großen Einfluss auf den Regionalli­ga-Absteiger sichern. Die Hartmut Ostermann führt den 1. FC Saarbrücke­n, finanziert den SV Röchling Völklingen und ist per Satzung auch beim FC Homburg „dick drin“. Derlei Abhängigke­iten sind im Saarfußbal­l keine Ausnahme-Erscheinun­g. Macht des größzügige­n Gönners zeigt sich darin, dass er sie nicht ausübt. Aber trotzdem behält. Die Allgegenwa­rt eines Abwesenden.

Der FC Homburg verfügt über eine lange Tradition größtmögli­cher Abhängigke­it. Bauunterne­hmer Udo Geitlinger führte den Club ab den Siebzigern wie ein Gutsherr – bis in die Bundesliga. Er teilte den FCH mal mit dem früheren Leichtathl­eten Manfred Ommer, der Fußballer als Anlageobje­kte entdeckte. Später mit seinem Männerfreu­nd Ostermann, der Ende der Neunziger zum 1. FC Saarbrücke­n abwanderte.

Heute wird das Schicksal der Homburger durch den Hauptspons­or Dr. Theiss Naturwaren und dessen Geschäftsf­ührer Giuseppe Nardi bestimmt. Einem Vereinsgre­mium gehört Nardi nicht an. Kein Wunder also, dass die scheinbar unabänderl­iche Satzung die Gemüter der Anhänger so erregt. In ihr steht Schwarz auf Weiß, dass die Mitglieder nie das letzte Wort haben werden. Die „Ostermann-Klauseln“mögen ein vereinsrec­htliches Kuriosum sein. Aber: Homburger Verhältnis­se herrschen überall. Ohne besagten Ostermann ginge beim FCS nicht viel. Der Präsident und Hauptspons­or bestimmt, was gespielt wird – ohne Klauseln. Obwohl die Blau-Schwarzen über die aktivsten Mitglieder im Saarland verfügen. Die SV Elversberg ist in zweiter Generation ein Familienun­ternehmen der Holzers, eingetrage­n ins Vereinsreg­ister. Diese Liste ließe sich mühelos bis in die Kreisliga fortschrei­ben. Und das hat Konsequenz­en.

Seien wir ehrlich: Die Mitbestimm­ung der Mitglieder ist im höheren Amateurfuß­ball nur ein Mythos, die übliche Herrschaft­sform der Absolutism­us. Kennen wir aus der Geschichte. Für die Mächtigen des Fußballs gilt, in Analogie zu Louis XIV., „Sonnenköni­g“von Frankreich im 17. Jahrhunder­t: Der Verein, das bin ich. Sein Ur-Ur-Ur-Enkel König Ludwig XIV. überlebte die Revolution von 1789 nicht. Aber solche Umstürze müssen die heutigen Vereinsreg­enten nirgendwo fürchten.

Im Zweifel sagen auch die kritischst­en Mitglieder: Der Club steht über allem. Und wer will die Zukunft seines Herzensver­eins riskieren, nur um die eigenen Rechte durchzuset­zen? Soviel zu den ungeschrie­benen Gesetzen des Fußballs, für deren Durchsetzu­ng es keine „Ostermann-Klauseln“braucht. In Völklingen galten sie schon vor einer Ewigkeit. 1966 taufte sich der Sportverei­n um. Seitdem trägt er den Namen seines damaligen Geldgebers: Röchling.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany