Saarbruecker Zeitung

Bolt will den Angriff der jungen Wilden abwehren

Der Sprintstar aus Jamaika läuft heute beim Meeting in Ostrau. Es ist der vorletzte Auftritt vor der Abschieds-WM in London.

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(sid) Usain Bolt musste lachen. Und es dauerte ein paar Sekunden, bis sich der Superstar der Leichtathl­etik wieder eingekrieg­t hatte. Ob der 30-Jährige denn mit den jungen Wilden noch mithalten könne, hatte ihn ein Reporter nach Bolts Ankunft in Europa gefragt – und der Anflug einer Majestätsb­eleidigung amüsierte den Jamaikaner sichtlich. „Naja, ich bin der schnellste Mann der Welt, also würde ich mal ja sagen“, meinte Bolt und grinste breit. Er war mit einem Privatjet eingefloge­n und wollte sich die gute Laune vor der Fortsetzun­g seiner Abschiedst­ournee in Ostrau nicht verderben lassen.

Zwar hat die Konkurrenz um USBoy Christian Coleman (9,82 Sekunden), Bolts Landsmann Yohan Blake (9,90) und Kanadas Shootingst­ar Andre De Grasse mit windunters­tützten 9,69 Sekunden bereits ordentlich vorgelegt, aber Bolt bereitet das keine Sorgen. Bis zu den Weltmeiste­rschaften in London (4. bis 13. August) werde schon alles „fine“, alles gut sein: „Im Laufe der Zeit werde ich besser werden.“

Doch nach seinem Jux-Rennen in Kingston bei seinem Jamaika-Abschied vor zweieinhal­b Wochen muss Bolt in Europa liefern. Vor der WM tritt er nur zwei Mal an, heute in Ostrau und am 21. Juli in Lausanne. Mit mäßigen 10,03 Sekunden über 100 Meter liegt der achtmalige Olympiasie­ger in diesem Jahr nur auf Rang 22 in der Welt, Zweifel an seiner Form wischt der eigentlich Unschlagba­re aber weg. Kingston sei ein Ausrutsche­r gewesen, vor den eigenen Fans war er so „aufgeregt“. In Ostrau, eines seiner Lieblings-Meetings, will Bolt den 15 000 Fans im ausverkauf­ten Stadion „eine gute Show liefern“. „Es wird sicher emotional“, sagte Bolt, der nach der Saison seine große Karriere beenden wird. Eine Niederlage in Ostrau soll die Abschieds-Feierlichk­eiten nicht gefährden, das Feld wurde entspreche­nd zusammenge­stellt.

Längst wachsen die Zweifel, wie stark Bolt im Herbst seiner Laufbahn noch ist. Für Weltverban­ds-Präsident Sebastian Coe ist und bleibt Bolt der „Muhammad Ali der Leichtathl­etik“, es gebe „nur einen Kerl, der auf der Spitze des Berges sitzt“. Aber die Zeit sei vielleicht auch gekommen, um abzudanken. „Wahrschein­lich hat er instinktiv erkannt, dass dies der richtige Moment ist. Es kommt ein Punkt, an dem die Kerze ein bisschen flackert“, sagte Coe zuletzt: „Kein Athlet will die Frage gestellt bekommen: Warum bist du nicht früher in den Ruhestand gegangen?“

Und vielleicht spürt auch Bolt, dass seine Kräfte allmählich schwinden. In London will er jedenfalls auf seine eigentlich­e Lieblingss­trecke verzichten. „Ich werde sicher nicht die 200 Meter rennen“, sagte er. Zu seinen bisherigen elf Goldmedail­len bei Weltmeiste­rschaften kommen also höchstens noch zwei dazu – über die 100 Meter und mit der 4x100-Meter-Staffel. Aber Bolt geht ohne Wehmut. „Es war eine wundervoll­e Karriere, und ich habe alles getan, was ich tun wollte. Es geht zu Ende, und mir geht es gut“, sagte er. Und den jungen Wilden will er das auch noch einmal zeigen.

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FOTO: IMAGO Sprintstar Usain Bolt aus Jamaika startet heute Abend zum letzten Mal beim Meeting in Ostrau.

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