Saarbruecker Zeitung

Union gibt auf: „Ehe für alle“kommt schnell

Der Druck der SPD wirkt: Die Union hat ihre Blockade einer ,,Ehe für alle“aufgegeben. Eine Mehrheit am Freitag im Bundestag ist wohl sicher.

-

BERLIN/SAARBRÜCKE­N (epd/dpa/ SZ) Nach einem überrasche­nden Kursschwen­k von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird der Bundestag wohl schon am Freitag den Weg für die „Ehe für alle“in Deutschlan­d endgültig freimachen – und damit homosexuel­le Paare im Familienre­cht Heterosexu­ellen gleichstel­len. Morgen will die SPD im Rechtsauss­chuss einen entspreche­nden Gesetzentw­urf aus dem Bundesrat für die Abstimmung im Bundestag freigeben. Bisher hatte die SPD dies aus Koalitions­disziplin unterlasse­n, weil die Union dagegen war.

Doch Merkel rückte am Montagaben­d vom klaren Nein der Union ab, nachdem SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz am Wochenende – wie schon die Grünen – diese Frage zur Bedingung einer Koalition nach der Bundestags­wahl gemacht hatte. Damit schickte sie sich an, zentrales Thema im Wahlkampf zu werden. Merkel stellte nun in Aussicht, die Entscheidu­ng über die „Ehe für alle“künftig als Gewissensf­rage einzuordne­n. Schulz griff diese Aussage gestern, offenbar zur Überraschu­ng der Union, sofort auf und bestand auf einer Entscheidu­ng noch vor der Wahl. Es gebe keinen Grund, die Abstimmung auf die nächste Legislatur­periode zu vertagen. Für Gewissense­ntscheidun­gen gebe es keine Fristen, sagte Schulz.

Die Union im Bundestag beugte sich dem gestern und setzte den Kursschwen­k Merkels um. Sie hob den Fraktionsz­wang, der Abgeordnet­e üblicherwe­ise an die Linie der Parteiführ­ung binden soll, auf. Merkel hatte die neue Linie mit CSUChef Horst Seehofer abgesproch­en, wie zu hören war. Das schnelle Vorgehen der SPD noch vor der Wahl wertete CDU-Fraktionsc­hef Volker Kauder zwar als „Vertrauens­bruch“. Dennoch galt ein Bruch der Koalition über dieses Thema gestern als unwahrsche­inlich.

In der Union gibt es auch Befürworte­r der Gleichstel­lung homosexuel­ler Partnersch­aften. Dennoch wird voraussich­tlich eine Mehrheit der Unionsabge­ordneten gegen die „Ehe für alle“stimmen. Eine Mehrheit dafür im Plenum insgesamt gilt aber als sicher, da Grüne, SPD und Linke dafür sind.

Mit der eingetrage­nen Lebenspart­nerschaft sind Homosexuel­le bisher in vielen Bereichen bereits Eheleuten gleichgest­ellt, aber nicht in allen – vor allem fehlt ihnen das uneingesch­ränkte Adoptionsr­echt. Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) erklärte gestern, die „Ehe für alle“sollte kein Streitthem­a, sondern längst „Selbstvers­tändlichke­it“sein. Der SPD-Landtagsab­geordnete Sebastian Thul bezeichnet die bevorstehe­nde Öffnung als historisch­en Erfolg für die Bürgerrech­tsbewegung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany