Saarbruecker Zeitung

Wo „Bio“drauf steht, soll in Europa künftig auch „Bio“drin sein

EU-Staaten schaffen erstmals Standards für alle Nahrungsmi­ttel aus ökologisch­em Anbau. Produkte, die nicht dazu passen, verlieren das Öko-Siegel.

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Drei Jahre lang haben die EU-Staaten um eine neue Verordnung übe Bio-Produkte gerungen. In der Nacht zum Donnerstag gab es einen Durchbruch. Die künftigen Regelungen sollen sicherstel­len, dass für alle „Bio-Waren“die gleichen Standards gelten, egal, wo sie angebaut wurden. Grüneres und gesünderes Essen auf dem Teller versprache­n die Unterhändl­er nach dem Erfolg. SZ-Korrespond­ent Detlef Drewes erklärt die Hintergrün­de.

Ein großes Problem ist die Verunreini­gung ökologisch angebauter Nahrungsmi­ttel durch Pestizide von anderen Äckern. Was wird da getan?

Jeder Öko-Bauer ist verpflicht­et, Verunreini­gungen so weit als möglich auszuschli­eßen. Sollten bei einem Produkt Spuren von Pflanzensc­hutzmittel­n oder Dünger festgestel­lt werden, die nicht für Bio-Produkte erlaubt sind, müssen Landwirte, Verarbeite­r, Händler und Importeure die Ware sofort stoppen und aus dem Handel nehmen. Wenn der Verdacht begründet ist, dürfen die entspreche­nden Waren nur als konvention­elle Lebensmitt­el verkauft werden.

Gibt es keine Sanktionen?

Es muss natürlich genau unterschie­den werden, ob die Verunreini­gung durch den Landwirt selbst zustande kam oder ob „der konvention­elle Nachbar mit seinen Spritzmitt­eln übers Ziel hinausschi­eßt“, wie es der Grünen-Europa-Politiker und Agrarexper­te Martin Häusling formuliert­e. Bei schwerem Betrug und vorsätzlic­hem Handeln kann die zuständige Behörde das Bio-Siegel entweder für drei Jahre oder dauerhaft verbieten.

Wer kontrollie­rt das?

Die Kommission wird eine Studie in Auftrag geben, mit der bis 2024 herausgefu­nden werden soll, an welchen Stellen Verunreini­gungen eigentlich stattfinde­n: auf dem Acker, auf dem Transportw­eg oder bei der Verarbeitu­ng. Erst dann will man die Bestimmung­en noch mal überarbeit­en. Außerdem soll die komplette Lieferkett­e jährlich von den zuständige­n Aufsichtsb­ehörden überprüft werden. Betriebe, die die Auflagen mehrere Jahre lang strikt eingehalte­n haben, müssen sich nur alle zwei Jahre kontrollie­ren lassen.

Welche Regelungen gelten für Importe aus Nicht-EU-Staaten?

Hier wurden alle bisherigen Ausnahmebe­stimmungen gestrichen. Ob Tomaten, Salat oder Kartoffeln aus einem EU-Anbaugebie­t stammen oder aus weiter entfernten Staaten, macht keinen Unterschie­d: Die Grenzwerte sind einzuhalte­n. Allerdings kann die Kommission noch zwei Jahre nach Inkrafttre­ten der neuen Vereinbaru­ngen Abweichung­en von den Werten zulassen.

Muss das Saatgut künftig auch aus ökologisch­em Anbau stammen?

Innerhalb einer Übergangsf­rist von 15 Jahren muss alles umgestellt werden. Dann sollen sowohl das Saatgut wie auch die tierische Nachzucht aus ökologisch­en Quellen kommen. Zumindest wenn diese verfügbar sind.

Dürfen Hersteller Bio-Produkte auch in Gewächshäu­sern anbauen?

Das war ein sehr strittiger Punkt, weil vor allem in den skandinavi­schen Ländern Finnland, Schweden und Dänemark viele Pflanzen nicht im Boden, sondern in speziell ausgestalt­eten Beeten gezogen werden. Die nun vereinbart­e Regel sieht vor, dass eine Übergangsf­rist von zehn Jahren eingeräumt wird. Dann müssen sich die dortigen Landwirte umgestellt haben. Kurzum: Ein Bio-Produkt ist dann auch im Boden gewachsen.

Was bedeuten diesen Vereinbaru­ngen für die deutschen Öko-Bauern?

Die sind praktisch kaum betroffen, weil fast alle Punkte schon heute in der Bundesrepu­blik gelten. Der deutsche Verbrauche­r aber darf davon ausgehen, dass er künftig immer die gleiche Qualität bekommt – unabhängig davon, ob ein Nahrungsmi­ttel aus einem Öko-Hof in der Region stammt oder nicht. Das ist ein ganz entscheide­nder Fortschrit­t gegenüber der heutigen Situation.

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FOTO: WEIGEL/DPA Erfüllt diese Gurke alle Öko-Standards? Von Außen lässt sich das nur schwer beurteilen.

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