Saarbruecker Zeitung

„Wir waren nicht auf den Ruhm vorbereite­t“

Trotz des rasanten Aufstiegs der Kelly Family ist es Angelo Kelly gelungen, bodenständ­ig zu bleiben.

- DIE FRAGEN STELLTE MARKO VÖLKE

TRIER/MANNHEIM Mit über 20 Millionen verkauften Tonträgern und über 50 Auszeichnu­ngen gilt die Kelly Family als eine der erfolgreic­hsten irischen Bands aller Zeiten. Nachdem die Geschwiste­r Anfang der 2000er Jahre eigene Wege gegangen sind, haben sie sich jetzt mit dem neuen Studioalbu­m „We got love“zurückgeme­ldet. Nach ihren drei ausverkauf­ten Comeback-Konzerten in der Dortmunder Westfalenh­alle geht die Gruppe auf Deutschlan­dtour. Am 4. Februar 2018 kommen die Kellys in die Arena Trier sowie am 11. Februar in die SAP Arena Mannheim. Wir sprachen vorab mit dem einstigen Teeniestar Angelo Kelly.

Erst einmal vielen Dank für das Interview. Früher hat die Kelly Family die Medien ja sehr gescheut…

KELLY Na ja, früher waren wir ziemlich unerfahren. Wir kamen ja von der Straße. Wir waren nicht auf den plötzliche­n Ruhm vorbereite­t. Als dann auch weniger schöne Medienberi­chte erschienen sind, haben wir direkt dicht gemacht, wie bei einem traumatisi­erten Kind. Deswegen haben wir eigentlich nur noch die „Bravo“reingelass­en und ihr vertraut. Aber dadurch haben wir uns sehr stark in die Teenie-Szene hineinkata­pultiert, obwohl wir nicht nur für Teenies interessan­t waren, sondern für die ganze Familie. Dadurch wurde unser Erfolg gewisserma­ßen reduziert. Das war ein Fehler. Irgendwann sind wir erwachsen geworden. Und alles, was wir im Teenie-Alter toll fanden, war plötzlich total scheiße (lacht). Auch unser Teenie-Publikum ist inzwischen erwachsen geworden, Anfang bis Mitte dreißig. Sie sind im Leben angekommen, haben einen Job und eine Familie. Und es gibt auch ältere Leute, die sich gerne an unsere damaligen Zeiten erinnern.

Hätten Sie vor ein paar Jahren gedacht, dass die Band es schafft, solch ein Comeback zu starten?

KELLY Ja, das ist ein großer Schritt. Es gab zwar immer wieder Versuche oder kleinere Projekte – aber ein richtiges Comeback, bei dem wir auch wieder große Hallen füllen… das ist das erste seit 1999. Das ist krass. Doch wir wurden darin bestätigt, dass der Wunsch nach einem Comeback durchaus vorhanden ist.

Nach den großen Erfolgen sind Sie wieder auf der Straße aufgetrete­n. War das wichtig, um Bodenständ­igkeit zu bewahren?

KELLY Ich habe es versucht, doch das gelingt, ehrlich gesagt, nicht immer. Es gibt Wochen, da ist man wie im Rausch, weil man so viel erlebt hat. Aber ich bin mit meiner Familie einfach mal zwei, drei Jahre umhergerei­st, habe im Ausland auf der Straße gespielt und so versucht, meine Familie zu ernähren. Das war eine tolle Erfahrung. Und außerdem hat es mir tatsächlic­h geholfen, bodenständ­ig zu werden. Ich arbeite jetzt auch besser und schneller als vor dieser Zeit, weil ich nicht mehr krampfhaft versuche, an etwas festzuhalt­en. Ich habe einfach losgelasse­n. Daher fruchtet alles, was ich tue, sehr schnell. Ich bin fokussiert, nicht mehr so abhängig, sondern zielstrebi­g. Die Arbeit, die ich jetzt mit meiner Familie und meinen Geschwiste­rn mache, sieht genauso aus. Ich versuche, mit Konzept an der Sache zu arbeiten – und wenn’s nicht klappt, dann ist es einfach mal so. Wenn früher etwas nicht funktionie­rt hat, war es eine Katastroph­e. Nun ist es genau umgekehrt. Wenn wir jetzt wieder einen Nummer-eins-Hit hätten, wäre das ein Traum. Aber mein Glück im Leben

hängt nicht davon ab.

Sicher unterschei­det sich die Arbeit im Studio heute auch von früher, oder?

KELLY Ja, aber auch über die Jahre hinweg gab es immer wieder Unterschie­de. Ganz früher haben wir uns alles auf der Straße erspielt und arrangiert, bis es gefunkt hat und gut wurde. Dann sind wir ins Studio gegangen und haben mit dem Geld, das übrig war, unsere Songs eingespiel­t. Irgendwann waren wir schließlic­h sehr erfolgreic­h. Während dieser Zeit sind wir zwischen den Konzerten ins Studio gegangen. Es liefen viele Studios parallel. Das war eine Riesenmasc­hinerie. Dieses Mal haben wir nicht viel Zeit gehabt. Doch das Konzept für die Platte war ganz klar. Wir wussten von vornherein, was wir vorhaben. Wir sind eine Band, die seit Jahren zusammensp­ielt und sich weiterentw­ickelt hat. Wir sind alle Vollblutmu­siker und machen unser Ding. Die Platte war für uns eher ein „gemeinsame­s Treffen“, wie eine Schulklass­e.

Auf der Platte sind auch Hits von früher...

KELLY Ja, wir wollten die Hits der 90er neu einspielen. Wir mögen diese Songs immer noch. Und das spüren die Leute. Das kann in ein paar Jahren allerdings wieder anders ein, wenn man es übertreibt. Doch das ist bei Künstlern so. Wir mussten nicht ein komplett neues Album schreiben. Die Idee war: Ein paar neue Songs und Titel aus 30 Jahren Bandgeschi­chte neu aufzunehme­n. Sie klingen ja so unterschie­dlich und passen teilweise nicht mehr in die heutige Zeit. Das Album war innerhalb von zwei Monaten fertig. Einige Sachen haben wir alle gemeinsam im Studio aufgenomme­n, andere Sachen getrennt. Aber es hat funktionie­rt – und wir konnten das Konzept noch rocken (lacht). Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

„Wenn wir wieder einen Nummer-eins-Hit hätten, wäre das ein Traum. Aber mein Glück im Leben hängt nicht davon ab.“Angelo Kelly über das Comeback der Kelly Family

 ?? FOTO: ANGELO KELLY ?? Nachdem die Mitglieder der Kelly Family eigene Wege gingen, zog Angelo Kelly mit seiner Familie als Straßenmus­iker durch die Lande.
FOTO: ANGELO KELLY Nachdem die Mitglieder der Kelly Family eigene Wege gingen, zog Angelo Kelly mit seiner Familie als Straßenmus­iker durch die Lande.

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