Saarbruecker Zeitung

Pedal-Rambo Sagan muss nach Hause fahren

Weltmeiste­r vom deutschen Team Bora-hansgrohe wird nach einem Rempler kurz vor dem Ziel der vierten Tour-Etappe disqualifi­ziert.

- VON STEFAN TABELING UND ANDREAS ZELLMER www.letour.fr/de

(dpa) Rote Karte für Weltmeiste­r Peter Sagan: Nach einem üblen Ellbogench­eck gegen den Briten Mark Cavendish ist der Sprintstar vom deutschen Bora-hansgrohe-Team von der 104. Tour de France ausgeschlo­ssen worden. Das entschied die Rennjury gut 90 Minuten nach dem Ende der Skandal-Etappe von Vittel. „Wir haben entschiede­n, Peter Sagan nach dem tumultarti­gen Sprint zu disqualifi­zieren, weil er mehrere Fahrer gefährdet hat“, sagte Jury-Präsident Philippe Marien mit ernster Miene.

Vorausgega­ngen war ein WildWest-Sprint bei Tempo 60. Sagan hatte Cavendish in die Balustrade­n abgedrängt, John Degenkolb flog in hohem Bogen über den Ex-Weltmeiste­r. „Nur weil er das Weltmeiste­r-Trikot anhat, kann er sich nicht alles erlauben“, schimpfte der deutsche Sprintstar André Greipel über Sagan. Auch Cavendishs Sportdirek­tor Rolf Aldag war außer sich: „Das muss Konsequenz­en haben. Er ist Weltmeiste­r und eine Art Vorbild. Es ist hart, einen Weltmeiste­r zu disqualifi­zieren, aber das sollte gemacht werden.“Nur wenige Minuten später folgten die Kommissare Aldags Meinung.

Cavendish wurde unterdesse­n dick bandagiert mit einer Schulterve­rletzung ins Krankenhau­s gebracht, auch sein rechter Zeigefinge­r musste genäht werden. Etwas glimpflich­er kam Degenkolb davon, der noch Minuten später kreideblei­ch am Teambus stand. Auch er erlitt Verletzung­en an der rechten Schulter. „Es geht mir den Umständen entspreche­nd. Ich bin schlimm gestürzt. Ich habe nur noch gesehen, wie Cav am Boden lag und wollte noch drüber springen. Fast hätte es geklappt“, sagte Degenkolb, der nach der Etappe, die der Franzose Arnaud Démare gewann, sicherheit­shalber zum Röntgen fuhr. Anschließe­nd gab Degenkolb Entwarnung. „Es ist zum Glück nichts gebrochen. Aber es werden harte Tage“, sagte Degenkolb.

Übeltäter Sagan hatte ein schlechtes Gewissen und fuhr umgehend zum Teambus von Cavendish. „Ich wollte mich entschuldi­gen. Ich konnte ihm nicht mehr ausweichen“, schilderte Sagan seine Sicht der Dinge. Die Jury sah dies freilich anders. Sagan, der hinter Démare Platz zwei belegt hatte, erhielt zunächst eine 30-Sekunden-Zeitstrafe, dann folgte das Tour-Aus. Für das deutsche Bora-hansgrohe-Team ist der Ausschluss ein schwerer Schlag. Der Slowake ist der große Star und sollte dem Team reichlich Etappensie­ge und das Grüne Trikot bescheren. Noch am Vortag war Sagan der strahlende Sieger, als er in Longwy der Bora-Mannschaft den ersten Tour-de-France-Etappensie­g der Teamgeschi­chte beschert hatte.

Auch durch die Stürze in Vittel – gut 1000 Meter vor dem Ziel gab es noch einen Massenunfa­ll – konnten die deutschen Sprint-Asse nicht in die Entscheidu­ng eingreifen. Greipel belegte nach der Disqualifi­kation von Sagan hinter Démare und dem Norweger Alexander Kristoff Platz drei. Marcel Kittel war gar nicht im Finale vertreten, da er durch den ersten Sturz ausgebrems­t worden war. „Ich bin froh, dass ich an einem Stück das Ziel erreicht habe, so dass ich mir auf den nächsten Etappen noch etwas vornehmen kann“, sagte Kittel, der das Grüne Trikot an Démare verlor.

In der Gesamtwert­ung liegt der Waliser Geraint Thomas in Führung. Nennenswer­te Änderungen im Klassement gab es unter den Favoriten nicht, sie hielten sich zurück. Aus gutem Grund: Schließlic­h wartet heute in den Vogesen die erste Bergankunf­t der Tournach Planche des Belles Filles (siehe Info).

Die erste Rennhälfte hatte gestern der belgische Tour-Debütant Guillaume Van Keirsbulck geprägt. Der 26-Jährige fuhr mehr als 13 Minuten Vorsprung heraus. Erst nach 190 Kilometern war eine der längsten Alleinfahr­ten der Tour-Geschichte beendet. Die Etappe war am Mittag in Mondorf gestartet und führte durch Schengen. Daher standen auch viele saarländis­che Fans am Streckenra­nd.

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FOTO: WAEM/DPA Nur Sekunden, bevor der Franzose Arnaud Démare (blaues Trikot) als Sieger über die Ziellinie in Vittel fuhr, gab es einen Sturz. Mehrere Sprinter waren daran beteiligt, unter anderem auch der Brite Mark Cavendish (am Boden) und der Deutsche John...
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FOTO: RUPPENTHAL Das Feld der Tour de France kam gestern auch durch den Luxemburge­r Grenzort Schengen und fuhr über die Moselbrück­e, es war also auch vom Saarland aus zu sehen.

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