Das Internet geht in die Luft
Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt entwickeln Solarflugzeuge mit Netzwerkanschluss.
Im Jahr 2015 ereignete sich in Nepal das schwerste Erdbeben seit beinahe einem Jahrhundert. Es erreichte eine Stärke von 7,8 auf der Richterskala. Wohnungen, Fabriken, Schulen und Krankenhäuser brachen wie Kartenhäuser binnen Sekunden zusammen. Mehr als 8000 Menschen verloren ihr Leben, über 22 000 wurden verletzt. Ein gravierendes Problem in den ersten Wochen nach der Katastrophe war, dass die für die Versorgung der Überlebenden wichtige Infrastruktur komplett zerstört war. Es fehlte auch ein Kommunikationsnetz, um die Hilfsmaßnahmen zu koordinieren.
Solche Situationen sollen sich künftig nicht wiederholen. Weltweit arbeiten Forscher an technischen Lösungen, die schnelle Internetverbindungen in jeden Winkel der Erde bringen sollen. Ein Beispiel dafür ist der Motorsegler Elektra-2 der Initiative Solarstratos, einer Kooperation des Unternehmens Elektra Solar GmbH bei Landsberg am Lech und Forschern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen.
Ein Prototyp des elektrisch angetriebenen Ultraleichtflugzeugs mit einer Länge von 8,5 Metern, einer Spannweite von 25 Metern und einem Gewicht von nur 420 Kilogramm startete in diesem Frühjahr zum Erstflug. Die Maschine erreichte dabei zwar nur 300 Meter Höhe und blieb auch nur sieben Minuten in der Luft, trotzdem bezeichnete Konstantin Kondak vom DLR-Institut für Robotik und Mechatronik den Testflug als Erfolg.
Schon in zwei Jahren wollen die Forscher mit dem Ultraleichtflieger eine 100 Kilogramm schwere Internet-Sendeanlage in eine Flughöhe von fast 23 Kilometern bringen. Dort gibt es keine Wolken mehr, die das Sonnenlicht abdunkeln, trotzdem ist die Atmosphäre dicht genug, damit Flugzeuge und Ballons dort fliegen können. Der derzeitige Höhenrekord eines ferngesteuerten Solarfliegers liegt bei 28 950 Metern. Erzielt wurde er mit dem Experimentalflugzeug Helios der US-Raumfahrtagentur Nasa im August 2001.
Elektra-2 soll eines Tages schnelles Internet in Regionen bringen, in denen es zum Beispiel wegen Naturkatastrophen, Kriegen oder wegen Auflagen aus Naturschutzgründen keine konventionellen Funknetze gibt. Andere Forscher sehen in steuerbaren, halbstarren Ballons die bessere Alternative für solche sogenannten Höhenplattformen. Diese Fluggeräte sollen mehrere Tage oder gar Wochen über einem festgelegten Gebiet kreisen können und mit ihren Sendern und Empfängern einen Internet-Zugang eröffnen. Ein solches Luftschiff hat die japanische Luft- und Raumfahrtagentur Jaxa vor vier Jahren auf eine Höhe von 16,4 Kilometer steigen lassen. Auch dieses Experiment endete aber schon nach etwa zwei Stunden.
Die in der Stratosphäre schwebenden Internet-Plattformen haben gegenüber Satelliten viele Vorteile bei den Betriebskosten und der möglichen Höchstgeschwindigkeit der Datenübertragung. Sie können auch jederzeit zur Reparatur zur Erde zurückgeholt werden. Allerdings ist technisch bislang ungelöst, wie sie über einem bestimmten Gebiet auf Position gehalten werden. Starke Windströmungen können Ballons täglich über 5000 Kilometer weit abtreiben lassen. Auch Solarflugzeuge wären diesen Strömungen ausgesetzt. Die Alternative zu Fluggeräten in der Hochatmosphäre und zu den konventionellen geostationären Kommunikations-Satelliten könnten Klein-Satelliten in wenigen hundert Kilometern Höhe sein.
Um schnelles Internet in jeden Winkel der Erde zu bringen, arbeiten Unternehmen aus den USA an Flotten von hunderten Kleinsatelliten, die große Datenmengen binnen Sekunden zu mobilen Empfangsgeräten von Handgröße auf der Erde übertragen können.
Das auf den britischen Kanalinseln angesiedelte Unternehmen OneWeb Ltd., hinter dem zahlungskräftige Partner wie der Mikrochip-Hersteller Qualcomm Inc. aus San Diego (Kalifornien), das europäische Luft- und Raumfahrtunternehmen Airbus und die Virgin Investment Group in London stehen, will in zehn Jahren über 900 Kommunikations-Kleinsatelliten von je 150 Kilogramm starten. In Konkurrenz zu diesem Projekt plant das von Multimillionär Elon Musk geführte US-Raumfahrtunternehmen SpaceX ein noch größeres Satellitennetz von 4000 Kleinsatelliten für die mobile Breitband-Kommunikation.