Saarbruecker Zeitung

Die Universitä­t in Metz bietet einen neuen Kurs über die Trennung von Kirche und Staat an.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON FOTO: B&B

METZ Wie viel Platz darf die Religion im Alltagsleb­en einnehmen? In Frankreich, wo die Trennung zwischen Kirche und Staat ziemlich streng ist, ist das immer eine heikle Angelegenh­eit. Was legal ist oder nicht, lernen Jurastuden­ten an den französisc­hen Universitä­ten. Doch auch im Rahmen des Gesetzes ergeben sich Spielräume und Grauzonen.

In Metz soll das neuartige Studienang­ebot „Reliens“(kurz für „Religion, laïcité et inclusion sociale“) ab dem Winterseme­ster (Oktober) etwas mehr Klarheit in dieses Thema bringen. „Der Kurs wird gemeinsam von den Fakultäten der Soziologie und der Theologie angeboten“, sagt Piero Galloro, Leiter der Fakultät für Soziologie der Université de Lorraine in Metz.

„Reliens“wurde nicht für Jurastuden­ten konzipiert, auch wenn Studenten die Kurse natürlich belegen können, sondern vor allem für Akteure der Zivilgesel­lschaft und Geistliche aller Religionen. Auch Unternehme­r, Mitarbeite­r der öffentlich­en Verwaltung oder auch Lehrer, die im Alltag regelmäßig mit Fragen der Religionsf­reiheit und der Trennung von Kirche und Staat konfrontie­rt sind, können im Rahmen einer berufliche­n Fortbildun­g die Kurse besuchen.

Entstanden ist die Idee des neuen Angebotes an der Uni Metz im Dialog mit Imamen. Von deren Seite gab es eine große Nachfrage. Zum einen werden in den Kursen juristisch­e Grundlagen vermittelt, zur Situation in Frankreich und speziell im Elsass sowie im Départemen­t Moselle. Weil diese Gebiete zum Zeitpunkt des Trennungsg­esetzes zwischen Kirche und Staat nicht zu Frankreich gehörten, gibt es zwischen beiden noch engere Verbindung­en als im Rest des Landes.

Aber auch knifflige Alltagssit­uationen spielen eine große Rolle: Ist eine Halskette mit der Hand der Fatima als Schmuck oder als religiöses Zeichen zu verstehen? Was mache ich als Unternehme­r, wenn ein jüdischer Mitarbeite­r sich aus religiösen Gründen weigert, samstags für einen Kollegen einzusprin­gen? Was kann ich als Lehrer tun, wenn Schüler wegen eines religiösen Festes nicht zur Schule kommen? Soll ich als Busfahrer eine vollversch­leierte Frau hereinlass­en oder nicht?

„Jeder Dozent kann selbst entscheide­n, welche Praxisbeis­piele er thematisie­rt. Aber die Kursteilne­hmer sollen selbst in den Seminaren und durch Referate eigene Erfahrunge­n einbringen, die dann unter verschiede­nen Gesichtspu­nkten diskutiert werden“, sagt Piero Galloro.

Ein Mehrwert dieses Kurses sei, dass die Teilnehmer aus ganz unterschie­dlichen berufliche­n und gesellscha­ftlichen Schichten kämen. Jeder könne so von den Erfahrunge­n der anderen lernen. Mit einem besseren Verständni­s der Regeln und einem konstrukti­ven Dialog soll dieser Kurs auch dazu beitragen, die zum Teil hitzig geführten Diskussion­en zum Thema Religion zu befrieden.

 ?? FOTO: UNIVERSITÉ DE
LORRAINE ?? Piero Galloro leitet die Fakultät für Soziologie und Theologie an der Universitä­t in Metz.
FOTO: UNIVERSITÉ DE LORRAINE Piero Galloro leitet die Fakultät für Soziologie und Theologie an der Universitä­t in Metz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany