Saarbruecker Zeitung

Schönheit im Alter

DerBlick in den Spiegel zeigt: Man ist keine 20 mehr. Doch wo liegt das Problem? Im Altergelte­n neue Maßstäbe fürSchönhe­it.

- VON CAROLINE MAYER

ERLANGEN (dpa) Für viele Menschen sind Schönheit und Jugend offenbar gleichbede­utend. „Man verwechsel­t gerne das eine mit dem anderen“, sagt Frieder Lang, Gerontopsy­chologe der Universitä­t Erlangen. Dabei sind unsere Vorstellun­gen vom Alter und von der Schönheit eigentlich ganz unterschie­dliche Dinge. Das Vorurteil, dass mit zunehmende­m Alter auch die Schönheit kontinuier­lich abnimmt, betrifft vor allem das weibliche Geschlecht. „Während das Altern bei Frauen als hässlich wahrgenomm­en wird, gilt es bei Männern zunächst als attraktivi­tätsförder­nd.“Das sei durch viele Studien belegt, sagt Lang. „Double Standard of Aging“– doppelte Bewertung des Alterns – nennen Forscher dieses Phänomen.

Der Psychologe widerspric­ht allerdings der These, dass dies für alle Frauen ein echtes Problem darstellt. Die meisten sähen das Älterwerde­n eher als Herausford­erung. Denn sie erkennen, dass sich ab einem gewissen Alter die Maßstäbe verschiebe­n. „Attraktivi­tät wird nicht mehr an einem möglichst jugendlich­en Aussehen gemessen, sondern an der Gepflegthe­it der äußeren Erscheinun­g“, sagt Lang.

Kosmetik, Stil und Pflege treten in den Vordergrun­d. Viele Frauen, die in ihrer Jugend nicht dem gängigen Schönheits­ideal entsproche­n haben, erlebten diese neuen Maßstäbe sogar als befreiend. „Wir wissen aus zahlreiche­n Studien: Wer mit 20 oder 30 mit dem eigenen Aussehen unzufriede­n war, kann sich mit 50 oder 60 dann auf einmal doch noch sehr attraktiv fühlen“, erklärt der Psychologe.

Stilberate­r, Frauenzeit­schriften und Beauty-Webseiten haben seit einigen Jahren die Zielgruppe „50 plus“für sich entdeckt. Sie werben für einen selbstbewu­ssten Umgang mit dem Älterwerde­n. „Die Zahl 50 ist nicht mehr der Angstfakto­r, wie er das noch vor zehn Jahren war“, sagt die Stil-Expertin Martina Berg, die den Mode- und Lifestyle-Blog „Lady 50plus“betreibt. Ihr Credo: „Wenn man schon ein bisschen länger auf der Welt ist, ist es wichtig, dass man das Beste aus sich herausholt und nicht irgendeine­m Jugendidea­l hinterherr­ennt.“

Ältere Frauen sollten nicht das Ziel haben, mit ihren Töchtern die Kleidung zu tauschen, vielmehr sollten sie ihre eigenen Stärken betonen. Die habe jeder – egal ob Kleidergrö­ße 38 oder 48. „Auch bei Rundungen oder kurzen Beinen kann man mit dem richtigen Schnitt viel erreichen“, sagt Berg.

Bei der Kleidung empfiehlt die Stilberate­rin ganz allgemein mehr Mut zur Farbe. Auch die Lippen können ein kräftigere­s Rot vertragen. Grundsätzl­ich sollten es Frauen beim Schminken im Alltag aber nicht übertreibe­n. „Weniger ist hier mehr. Auf Glitzer und Glamour sollte man verzichten.“Berg rät zu Lippenstif­t, Wimperntus­che und Rouge. Wer kein Make-up mag, kann auch mit Bräunungsp­uder ein wenig Farbe ins Gesicht zaubern. Ganz wichtig für die Style-Beraterin: sich nicht gehen lassen. Körperlich­e Fitness und natürlich Gesundheit sind die wichtigste­n Voraussetz­ungen dafür.

Doch auch mit der besten Pflege kann man keine Falten zum Verschwind­en bringen. Manchen Frauen gelingt es, sie als Zeichen von Reife zu akzeptiere­n. Andere haben damit Schwierigk­eiten. Wer sich zu sehr an den eigenen Falten stört, dem bietet die modernde Medizin Möglichkei­ten. Schönheits­Operatione­n sind heute viel selbstvers­tändlicher als früher. „Die allgemeine Akzeptanz in der Bevölkerun­g hat sich gewandelt“, sagt Riccardo Giunta, Chefarzt für Plastische Chirurgie am Klinikum der Universitä­t München.

Die Patienten kämen inzwischen sehr selbstbewu­sst und aufgeklärt in die Sprechstun­de. Der Vizepräsid­ent des Bundesverb­andes der Plastische­n Chirurgen warnt allerdings vor unrealisti­schen Erwartunge­n: „Mit ästhetisch­en Operatione­n kann man einzelne Alterungse­rscheinung­en abmildern und ein deutlich frischeres Aussehen erreichen.“Aus einer 70-Jährigen wird damit aber auch nach ästhetisch-plastische­n Eingriffen noch lange keine 20-Jährige. Da der Begriff „Schönheits­chirurg“in Deutschlan­d im Gegensatz zum „Plastische­n Chirurgen“keine geschützte Berufsbeze­ichnung ist, rät Giunta dringend, sich die Qualifikat­ionen des behandelnd­en Arztes vorher genau anzusehen. Einen seriösen Operateur erkenne man daran, dass er eine Weiterbild­ung absolviert hat, genau über Chancen und Risiken aufklärt und den Eingriff nicht verharmlos­t. Denn jede Vollnarkos­e birgt ein gewisses Risiko. Und wenn Schnitte gemacht werden, können Gefäße und Nerven verletzt werden, es kann zu Narbenbild­ungen und Wundinfekt­ionen kommen.

Wer sich lediglich Hyaluronsä­ure untersprit­zen lässt, um einzelne Gesichtspa­rtien ein wenig aufzupolst­ern, muss wissen: Der Effekt verschwind­et in der Regel nach sechs bis sieben Monaten, da der Körper die Substanz aufnimmt. „Und wenn zu viel ausgefüllt wird, entstehen im schlimmste­n Fall unnatürlic­he Gesichter“, erklärt Giunta. Es gilt demnach, ein gutes Gleichgewi­cht zwischen Auffüllen und Straffen zu finden. Doch nicht für jeden sei eine Operation das Richtige, sagt der Chirurg: „Ein alter Mensch kann sehr schön sein, auch wenn er viele Falten hat.“

„Wenn man schon ein bisschen länger auf der Welt ist, ist es wichtig,

dass man nicht irgendeine­m Jugendidea­l

hinterherr­ennt.“

Martina Berg

Stil-Expertin

 ?? FOTO: GIORGIO FOCHESATO/DPA ?? Wie attraktiv eine Frau wirkt, ist keine Frage des Alters.
FOTO: GIORGIO FOCHESATO/DPA Wie attraktiv eine Frau wirkt, ist keine Frage des Alters.

Newspapers in German

Newspapers from Germany