Wenn der Sprachassistent mithört
Lautsp recherboxen sollen die Steuerung eines vernetzten Hauses ermöglichen. Doch ihrNutzwert ist umstritten.
(dpa) Digitale Sprachassistenten sind Programme, die beispielsweise gesprochene Fragen der Nutzer in Suchanfragen umwandeln und danach ebenfalls gesprochene Antworten geben. Über die Sprachbefehle können aber auch vernetzte Geräte im Eigenheim, wie Rollläden oder Heizungen gesteuert werden. In diesem Fall spricht man von intelligenten Häusern oder Smart Homes. Die Sprachassistenten sind dann häufig in vernetzten Lautsprecherboxen integriert.
Bei den Lösungen für zu Hause gibt es aktuell auf dem deutschen Markt eigentlich nur einen großen Namen: Alexa. Amazons Sprachassistent steckt neben den hauseigenen Lautsprecherboxen Echo und Dot in einer immer größeren Anzahl vernetzter Geräte.
Die Konkurrenz, bestehend aus Microsofts Cortana, dem Google Assistant oder Apples Siri, ist in Deutschland noch nicht angekommen. Cortana wird demnächst ihr Debüt in vernetzten Lautsprechern der Hersteller Harman Kardon und Hewlett Packard feiern. Der Deutschlandstart von Apples SiriBox HomePod ist für 2018 angekündigt, und Googles Home-Lautsprecher soll im Laufe des Sommers in Deutschland an den Start gehen. Auch Samsung arbeitet nach eigenen Angaben derzeit an einer solchen Box – wann sie erscheinen soll, ist allerdings noch nicht angekündigt.
In der Funktion unterscheiden sich die Systeme im Endeffekt kaum. Meist handelt es sich um Lautsprecher mit eingebauten Computern und Mikrofonen. Ab Werk beherrschen die Assistenten schon einige grundlegende Funktionen. Sie spielen etwa Musik von Streamingdiensten oder Internetradios ab, können Fragen zum Wetter oder andere simple Suchanfragen beantworten, Kalendereinträge oder Erinnerungen anlegen oder einen Countdown starten.
Erst, wenn sie mit anderen Geräten vernetzt werden, lassen sich weitere Funktionen der Assistenten nutzen. „Sie können damit ohne Probleme ein Smart Home steuern“, sagt Timm Lutter vom Branchenverband Bitkom. Das ist möglich, weil die Anbieter ihre Assistenten für Dritthersteller öffnen. Diese können dann eigene Produkte entwickeln, die sich über Alexa, Siri und Co. steuern lassen. Das sind zum Beispiel vernetzte Glühbirnen, die per Sprachkommando gedimmt werden können. Oder der Assistent kann Heizungsthermostate bedienen, Rollläden öffnen und schließen oder die Alarmanlage steuern.
Haben Hausbesitzer keine vernetzten Geräte, bleibt auch der Nutzen eines Heimassistenten gering. „Die Box ersetzt kein Smart Home“, sagt Timm Lutter, sie diene nur zu dessen Steuerung. Und wenn die Lampe oder der Thermostat nicht für Alexa, Cortana oder Siri entwickelt wurden, lassen sie sich auch nicht über diese Programme ansteuern.
„Sind keine passenden vernetzten Geräte vorhanden, sind die Boxen bessere Küchenradios“, urteilt Sven Hansen vom Fachmagazin c’t. Und auch wenn oft die Rede von künstlicher Intelligenz ist, am Ende spricht der Nutzer immer noch mit einer Maschine. Das habe wenig mit echter Intelligenz zu tun, so Hansen. Frei gesprochene Befehle verstünden Alexa und Co. häufig nicht. Die Frage nach einem bestimmten Radiosender wird beispielsweise meist unbefriedigend beantwortet. „Das ist die größte Enttäuschung bei den Lautsprecherboxen“, sagt Hansen.
Außerdem sind die digitalen Sprachassistenten datenschutzrechtlich äußerst bedenklich. „Sie geben ein biometrisches Merkmal von sich preis: Ihre Stimme“, sagt Uwe Kissmann, Geschäftsführer bei der Unternehmensberatung Accenture. Bei der Nutzung der Assistenten gespeicherte Daten könnten außerdem mit denen aus anderen Online-Diensten zusammengeführt werden, warnt die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. So könnten detaillierte Nutzerprofile für Marketing und Marktforschung angelegt werden.
Und Nutzer müssten darauf vertrauen, dass Hersteller die Geräte ausreichend gegen Zugriff von außen absichern, sagt Uwe Kissmann. „Eine Garantie, dass niemand das Gerät zum Abhören nutzt, gibt es nicht.“