Der Weltmeister bekommt richtig Druck
In der Rallye-WM tobt der Titelkampf wie seit Jahren nicht mehr. Hyundai-Pilot Neuville jagt Titelverteidiger Ogier.
Acht Saisonläufe, fünf verschiedene Sieger. Die Rallye-Weltmeisterschaft ist in diesem Jahr so spannend und hart umkämpft wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Alleine zuletzt bei der Polen-Rallye gab es sage und schreibe elf (!) Führungswechsel an der Spitze. Nach dem überraschenden Ausstieg von Seriensieger Volkswagen Ende der vergangenen Saison hatten einige Fans befürchtet, dass der WM mit den Wolfsburgern das große Zugpferd verloren geht. Doch das Gegenteil ist der Fall. Durch den Wegfall des Dominators der vergangenen Jahren ist ein Kampf auf Biegen und Brechen um die Nachfolge ausgebrochen. Mit Ford, Hyundai, Citroen und Toyota konnten bereits alle vier in der WM vertretenen Marken Siege verbuchen.
„Jedes Team hat ein schnelles Auto, das gewinnen kam“, sagt Fahrer-Weltmeister Sébastien Ogier. Er selbst bekommt das hautnah zu spüren. Nach dem Ausstieg von VW gibt der Franzose in dieser Saison für Ford Gas – und muss sich ganz schön strecken. Im Kampf um jeden Sekunden-Bruchteil muss der Routinier ans Limit – und manchmal darüber hinaus. Bei der Polen-Rallye übertrieb er es – flog ab und verlor viel Zeit. Ein Fehler, wie man ihn bei dem 33-Jährigen in den vergangenen Jahren nur selten sah.
Folge: Zwar führt der Titelverteidiger die WM-Wertung auch in diesem Jahr wieder an. Mit 160 Punkten liegt er jedoch nur knapp vor Thierry Neuville – und der holt auf. Ogier feierte bislang zwei Saisonsiege, darunter auch den beim prestigeträchtigen Saisonauftakt in Monte Carlo. Doch Neuville verbuchte zuletzt in Polen bereits seinem dritten Saisonerfolg – und ist damit auf der Überholspur. Zudem gilt der Belgier als der derzeit schnellste Mann im Feld. Auf exakt 40 Wertungsprüfungen raste der 29-Jährige in diesem Jahr schon zur Bestzeit. Zum Vergleich: Ogier kam gerade mal auf 14.
Dafür punktete Routinier Ogier regelmäßig, während Heißsporn Neuville seinen Hyundai beim Saisonauftakt in Monte Carlo und danach auch in Schweden jeweils in Führung liegend von der Piste feuerte. Es wird also spannend. Denn in Deutschland dürfte es einen richtigen Schlagabtausch geben. Ogier reist als Vorjahressieger an, Neuville gewann hier 2015.
Die deutschen Rallye-Fans dürfen sich zudem auf noch eine Überraschung freuen. Denn im Feld der schnellsten Quertreiber der Welt wird diesmal auch ein Lokalmatador mitmischen: Armin Kremer. Der 48-Jährige, merhmals Deutscher, Europa- und Asien-Pazifik-Meister, wird sein WM-Heimspiel in einem Ford Fiesta der neuesten Generation bestreiten. Als GastStarter beim M-Sport-Team von Ford, für das auch Sébastien Ogier fährt. „Es ist mir eine Ehre und große Freude mit dem gleichen Rallyeauto antreten zu dürfen wie der viermalige Weltmeister“, sagt Kremer. „Und wer mich kennt, weiß, wie sehr ich darauf brenne, den deutschen Fans eine gute Show zu bieten.“