Saarbruecker Zeitung

Land erwartet starken Nachzug von Syrern

1263 Visa für Familienna­chzüge sind im ersten Halbjahr erteilt worden. Tausende könnten folgen.

- VON DANIEL KIRCH

Weil immer mehr anerkannte Flüchtling­e ihre Familie nachholen, steigt die Zahl der Migranten in Deutschlan­d. Für den Familienna­chzug von im Saarland lebenden Flüchtling­en erteilte das Auswärtige Amt im ersten Halbjahr 1263 Visa, wie das Saar-Innenminis­terium gestern bekanntgab. Bundesweit stieg die Zahl der Visa im ersten Halbjahr gegenüber dem Vergleichs­zeitraum 2016 um ein gutes Drittel, berichtete­n Medien unter Berufung auf das Auswärtige Amt. Eine Prognose, wie sich die Zahl im Saarland in Zukunft entwickeln wird, sei nicht möglich, erklärte das Innenminis­terium. Im Saarland sind die meisten Flüchtling­e Syrer.

Das Auswärtige Amt schätzt den bundesweit zu erwarteten Familienna­chzug Medienberi­chten zufolge auf 200 000 bis 300 000 Personen. Sollte sich diese Prognose bewahrheit­en, müsste sich das Saarland grob gerechnet auf 2500 bis 3500 Familienan­gehörige einstellen, die noch einreisen dürfen. Zum Vergleich: Seit 2012 hat das Saarland laut Innenminis­terium allein 21 000 Syrer aufgenomme­n. Wie viele davon das Saarland wieder verlassen haben, wird statistisc­h nicht erfasst.

„Der Familienna­chzug wirkt sich aus“, sagte Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD). „Ich prophezeie, dass die Schülerent­wicklungsz­ahlen noch einmal erheblich korrigiert werden müssen gegenüber den Annahmen, die getroffen worden sind.“Dies könne dazu führen, dass das Land mehr Lehrer benötige.

Auch die Daten der Jobcenter bestätigen einen stärkeren Familienna­chzug. Erste Rückmeldun­gen zeigten, dass es um „nicht unerheblic­he Zahlen“gehe, sagte Rehlinger. Im März hatten laut Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit 4233 geflüchtet­e Frauen Anspruch auf Hartz IV, im Juni 2016 waren es 2844. Es sei naheliegen­d, dass der Großteil von ihnen über den Familienna­chzug eingereist sei, heißt es bei der Arbeitsage­ntur. Dadurch kämen verstärkt Frauen und Kinder ins Land, sagte Rehlinger.

Asylberech­tigte mit Flüchtling­sstatus dürfen ihren Ehepartner und ihre minderjähr­igen Kinder nachziehen lassen. Im Saarland holen sie laut Innenminis­terium den Ehepartner und im Schnitt zwei Kinder nach. Der Antrag auf Familienna­chzug muss bei einer deutschen Auslandsve­rtretung gestellt werden. 2016 betrugen die Wartezeite­n auf Erteilung eines Visums an den Botschafte­n um das Bürgerkrie­gsland Syrien herum teilweise ein Jahr und mehr. Inzwischen haben sich die Wartezeite­n verkürzt.

Im Saarland sind derzeit rund 11 000 Flüchtling­e arbeitssuc­hend gemeldet, die Hälfte besucht einen Sprachkurs. Rehlinger sagte, sie glaube nach wie vor, dass Flüchtling­e einen Beitrag zur Lösung des Fachkräfte­problems leisten könnten – „allerdings nicht sofort, gleich und ganz einfach“. Das werde Jahre dauern. Es seien viele Menschen gekommen, die nicht einmal in ihrer eigenen Sprache lesen und schreiben könnten.

„Ich prophezeie, dass die Schülerzah­len noch einmal erheblich korrigiert werden müssen.“

Anke Rehlinger

Wirtschaft­sministeri­n

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