Saarbruecker Zeitung

DFB plant Livebilder auch aus unteren Ligen

DFB will die Basis stärken, der SFV ist skeptisch. Die Oberligist­en reagieren positiv auf das neue Internet-Angebot.

- VON TOBIAS FUCHS

Der DFB will mit Live-Übertragun­gen im Internet die Sichtbarke­it des Amateurfuß­balls erhöhen. Die Vereine und der saarländis­che Verband sind aber skeptisch. Viel Fußball im Fernsehen kostet die kleinen Clubs nämlich Zuschauer.

SAARBRÜCKE­N Was wäre der Profifußba­ll ohne das Fernsehen? Jährlich fließen Unsummen für Übertragun­gsrechte in die Bundesliga. Dafür bestimmen die TV-Sender zunehmend den Spielplan. Den Preis bezahlen die Amateure. Ihre „Live-Spiele“wollen immer weniger Menschen sehen. Weil im Fernsehen gleichzeit­ig die Stars am Ball sind.

Das soll sich nun ändern. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will Feuer mit Feuer bekämpfen. Er verspricht den Amateuren eine Medienpräs­enz „wie bei den Profis“. In dieser Woche kündigte der Verband an, mit Hilfe der Firma Sporttotal. tv auch die unteren Spielklass­en „in hoher Qualität und vollautoma­tisch live“auf den Bildschirm zu zaubern – über ein Online-Portal. In einer Pressemitt­eilung heißt es, die „Sichtbarke­it des Amateurfuß­balls“solle erhöht werden. Zunächst dürfte die Regionalli­ga im Fokus stehen.

Für diese Spielklass­e interessie­rt sich verstärkt der Sender Sport1. Der Saarländis­che Rundfunk zeigt im Internet regelmäßig Partien der SV Elversberg oder des 1. FC Saarbrücke­n, in der Spitze mit fünfstelli­gen Nutzerzahl­en („Unique User“).

Das Fernziel von DFB und Sporttotal.tv: Übertragun­gen bis hinab in die Kreisliga. Franz Josef Schumann begegnet diesen Plänen mit Skepsis. Der Präsident des Saarländis­chen Fußball-Verbandes (SFV ) befürchtet Spiele in Abwesenhei­t der Zuschauer. „Dann geht ein Stück Kultur verloren“, warnt Schumann. Und er fragt: „Welcher Vereinsfun­ktionär hat noch Lust, ein Spiel zu organisier­en, wenn keiner mehr kommt?“

Auf dem SFV-Verbandsta­g im Juni informiert­e Schumann die Basis kurz über das neue Großprojek­t. Sein Eindruck: Die Mehrheit war dagegen. Allerdings kannte zu diesem Zeitpunkt niemand Details. Bei der Oberliga-Tagung in Edenkoben warb vorgestern ein Mitarbeite­r von Sporttotal.tv um die Clubs der fünften Liga. Die Firma will investiere­n, auf den Plätzen automatisc­he 180-Grad-Kameras installier­en. Sporttotal.tv präsentier­te sich als „Video-Heimat“der Amateure – nicht in erster Linie als Plattform für Live-Übertragun­gen. Die Oberligist­en reagierten positiv.

Fest steht: Amateurspi­ele aus dem Saarland werden so schnell nicht im Netz zu sehen sein. Obwohl der DFB das Projekt mit Tempo vorantreib­t. Dem SFV liegen zwei fertige Verträge vor, etwa 50 Seiten stark. Doch in Saarbrücke­n wollen sie sich nicht unter Druck setzen lassen. Die Übertragun­gsrechte hält der Verband. Daran wurden per Rundschrei­ben auch die Clubs erinnert. Schumann wartet nun ab. Er sagt: „Wenn die Vereine es wollen, habe ich nichts dagegen.“

Fragt sich: Sind die Bedenken der Amateurfuß­baller begründet? In anderen Sportarten sind frei zugänglich­e Livestream­s längst Alltag. Der Deutsche Olympische Sportbund lancierte 2014 einen eigenen Online-Kanal. Weil etliche Diszipline­n im normalen TV nicht mehr vorkommen. Sportdeuts­chland.tv nennt sich das Gegenprogr­amm zur Omnipräsen­z des Fußballs.

Das heißt: Wer sich die Basketball­erinnen der Saarlouis Royals oder den 1. FC Saarbrücke­n in der Tischtenni­s-Bundesliga anschauen möchte, muss nicht mehr in die Halle. Verliert der Spitzenspo­rt im Saarland dadurch sein Publikum? Oder gewinnt er die Aufmerksam­keit potenziell­er Zuschauer? „Wir vor Ort bemerken nichts“, sagt FCS-Sprecher Nicolas Barrois über mögliche Effekte. Grundsätzl­ich findet er: „Natürlich ist es positiv, wenn unser Sport übertragen wird.“

Ähnlich sieht das Sascha Schmidt, der Manager der Royals. Er glaubt nicht, dass die Fans seiner Mannschaft daheim bleiben. Er meint: „Jedes Spiel hat auch Eventchara­kter.“Die Stimmung in der Halle lasse sich nicht übertragen. Auch im Amateurfuß­ball kennt Schmidt sich aus. In der Nachbarsch­aft der Royals spielt der FV Diefflen in der Oberliga. Die Anhänger dort seien „positiv bekloppt“. Schmidt sagt: „Ich glaube nicht, dass einer von denen zu Hause bleiben würde.“

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FOTO: IMAGO Nicht nur der „große“Fußball soll künftig regelmäßig im Internet zu sehen sein, sondern auch die Amateure bis runter in die Kreisliga.

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