Saarbruecker Zeitung

Der Kultverein Meppen ist wieder zurück

Nach 19 Jahren im Amateurfuß­ball ist der SV Meppen zurück im Profi-Geschäft. Einer, der den Club in den 90erJahren in der 2. Liga hielt, war der Saarländer Horst Ehrmantrau­t.

- VON STEFAN REGEL UND DER AGENTUR

MEPPEN (sid) Es kracht und knirscht an der Kultstätte des SV Meppen. Fleißige Arbeiter hämmern, bohren und nageln den Mief der 1980er Jahre weg – die Hänsch-Arena, zu längst verblasste­n Zweitliga-Zeiten das gefürchtet­e Emslandsta­dion, soll pünktlich zur großen Rückkehr in den Profi-Fußball in frischem Glanz erstrahlen. Die einst so gefürchtet­en „Emsland-Gallier“sind mit dem Drittliga-Start endgültig in der modernen Fußball-Welt angekommen. Nach 19 Jahren in der Bedeutungs­losigkeit fiebert eine ganze Region dem Auftakt gegen die Würzburger Kickers an diesem Samstag (14 Uhr/ NDR und Telekom) entgegen. Und der SVM fühlt sich in seiner Rolle schon wieder pudelwohl. „Dass wir in der starken Liga nur Außenseite­r sind, ist klar“, sagte Trainer Christian Neidhart: „Wir wollen am Ende über dem Strich stehen.“

Außenseite­r? Da war doch was! Von 1987 bis 1998 ärgerte der Provinz-Club unter anderem mit Trainer-Unikat Horst Ehrmantrau­t und Spielern wie Rainer Rauffmann und Marko Myyry die Großen der 2. Fußball-Bundesliga voller Hingabe. Und mit beeindruck­endem Erfolg.

Ehrmantrau­t begann 1991 im Emsland. Vorher war er Trainer bei Blau-Weiß 90 Berlin, insgesamt acht Jahre lang lebte der Mann aus dem beschaulic­hen Einöd in der Hauptstadt. Ein bisschen Kulturscho­ck war das 35 000-Einwohner-Städtchen schon, gestand der frühere Homburger Profi vor Jahren in einem Interview mit der Neuen Osnabrücke­r Zeitung. Er habe dort Vertrauen und Menschlich­keit gespürt, auch bei den Verantwort­lichen, erinnerte sich der heute 61-Jährige: „Das brauche ich unbedingt, ich bin ja kein einfacher Trainer. Ich habe Ecken und Kanten.“

Nach seinem Vorgänger Rainer Persike brachte Ehrmantrau­t als junger Trainer den Verein in Sachen Profession­alisierung auf ein neues Niveau. Dazu gehörte aber auch ein deutliches Maß an Autorität: „Ich wollte neue Reize setzen.“Aus jedem Spieler wollte er das Optimum, die letzten zu den 100 Prozent fehlenden Punkte heraushole­n. Da der ewige Außenseite­r finanziell mit der Konkurrenz nicht mithalten konnte, tat das auch Not.

Und in der Saison 1994/1995 war Meppen tatsächlic­h mal Tabellenfü­hrer. Mit dem Aufstieg klappte es aber doch nicht. 1996 ging es gegen den Abstieg, Ehrmantrau­t wurde als Trainer von Paul Linz abgelöst. „Fünf Jahre sind im Profifußba­ll eine lange Zeit – da schleifen sich Dinge ab“, sagte der Saarländer. Ihn zog es später zu Eintracht Frankfurt und zum 1. FC Saarbrücke­n, wo er ebenfalls Kultstatus genoss. Seit 2005 ist er trotz Angeboten ohne Engagement.

1998 stand der Abstieg fest. Der Verein rutschte in die Oberliga, hatte Verbindlic­hkeiten, wurde Fünftligis­t. Endgültig zurück in die Schlagzeil­en schafften es die Emsländer Ende Mai. Als der Aufstieg durch die Zitterpart­ie in der Relegation gegen den SV Waldhof Mannheim geschafft war, meldete sich schnell die Fußball-Prominenz. Etwa Toni Schumacher, der direkt gratuliert­e.

Bevor der SV Meppen 1998 in der Bedeutungs­losigkeit verschwand, galt der Club aus dem Emsland als das Sinnbild für die Fußball-Provinz. Stets unbequem für den Gegner, immer erfindungs­reich auf und abseits des Rasens. Viele Punkte fuhren die Meppener dabei vor eigenem Publikum ein – das soll auch im Jahr 2017 wieder der Fall sein. „Unsere Heimstärke war in der letzten Saison unsere Grundlage für den Aufstieg“, sagte Trainer Neidhart.

Im Sommer 2017 ist Meppen zurück – und moderner als je zuvor. Am Stadion werden Glasfaserl­eitungen verlegt, die alten Holzbänke werden durch Sitzschale­n ersetzt, eine nagelneue Videoüberw­achung wird installier­t. Selbst einen Social-Media-Manager hat der Club inzwischen schuldenfr­ei – neuerdings. 1000 Dauerkarte­n wurden bereits abgesetzt, mehr als 4500 Anhänger könnten regelmäßig zu den Heimspiele­n pilgern. „Das zeigt uns, wie groß der Vorschuss der Fans ist“, sagte Geschäftsf­ührer Ronald Maul.

Der zweimalige Nationalsp­ieler und langjährig­e Bundesliga-Profi stieß nach dem Aufstieg zum Führungste­am und trägt den soliden Finanzkurs mit. Und vielleicht schaffen die Emsländer mit Kontinuitä­t und Mannschaft­sgeist wieder gegen alle Erwartunge­n den Klassenver­bleib. Denn ein Geheimnis für den Erfolg war schon bei Ehrmantrau­t so: „Man hat mich so arbeiten lassen, wie ich wollte.“

„Ich habe Vertrauen und Menschlich­keit

gespürt.“

Horst Ehrmantrau­t

Ehemaliger Trainer des SV Meppen

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FOTO: IMAGO Ballonseid­e statt Seidenscha­l: Im schicken Trainingsa­nzug saß Horst Ehrmantrau­t von 1991 bis 1996 als Trainer des SV Meppen am Spielfeldr­and. Mit dem Saarländer erlebte der kleine Verein in der 2. Bundesliga seine größte Zeit.

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