Saarbruecker Zeitung

Pariser planschen im Kanal

Die schwimmend­e Holzkonstr­uktion im Norden der Stadt soll es noch bis Anfang September geben. Manche zweifeln jedoch an der Wasserqual­ität.

- VON CHRISTINE LONGIN

„Achtung, fertig, los“ruft Anne Hidalgo, bevor ein Dutzend Kinder mit ihren bunten Badekappen in das grünliche Wasser springen. Knapp 30 Grad zeigt das Thermomete­r an, als die Pariser Bürgermeis­terin den Startschus­s für den Beginn der Badesaison im Bassin de la Villette im Norden der französisc­hen Hauptstadt gibt. Drei Becken sind dort in einer schwimmend­en Holzkonstr­uktion bis Anfang September kostenlos für alle geöffnet, die sich abkühlen wollen. Paris Plages, das vor 15 Jahren im Sommer entstanden­e Strandlebe­n an der Seine, bekommt damit eine feuchte Ergänzung. Ein „natürliche­s Badeerlebn­is ohne biologisch­e oder chemische Aufbereitu­ng“verspricht die Stadtverwa­ltung. Das Wasser kommt aus dem Canal d’Ourcq, einem Pariser Vorstadtka­nal, der hinter dem Bassin de la Villette in den malerische­n Canal Saint Martin übergeht.

Wer mit einem der beliebten Ausflugsbo­ote über den Canal Saint Martin das neue Badeparadi­es ansteuert, der bekommt allerdings Zweifel an der Wasserqual­ität des Flussschwi­mmbades. Denn im Wasser treiben Plastikfla­schen, Chipstüten, Kippen und Essenreste. Gut zu sehen ist der Müll an den Schleusen, die die Schiffe überwinden, um zu ihrer Endstation an der Villette zu kommen. „Ich würde nie im Leben in diesem Wasser schwimmen“, sagt ein Franzose, der mit anderen Ausflügler­n an dem neuen Kanalbecke­n vorbeifähr­t.

Im Bassin de la Villette selbst gelten strenge Vorschrift­en: so dürfen die Ausflugsbo­ote ihre Abwässer nicht mehr ableiten und auch das Regenwasse­r wird aufbereite­t. An sechs Punkten wird alle drei Stunden die Qualität des Wassers kontrollie­rt, aus dem lediglich Abfälle, Blätter und Fische gefiltert werden. „Sobald wir Zweifel haben, wird das Baden sofort verboten“, kündigt Christophe Ribet, ein Mitarbeite­r Hidalgos, in der Zeitung „La Croix“an. Mit tausend Besuchern täglich rechnet die Stadtverwa­ltung; maximal 300 passen gleichzeit­ig in die drei Becken hinein.

Für Hidalgo ist das Flussschwi­mmbad nur eine erste Etappe. Die Sozialisti­n will bis zu den Olympische­n Spielen 2024, für die sich Paris bewirbt, die Seine zu einer riesigen „Piscine“machen. Dort sollen dann nach ihren Vorstellun­gen die Schwimmwet­tbewerbe für den Triathlon stattfinde­n. Nach Olympia sollen auch die Pariser regelmäßig im legendären Fluss der Hauptstadt ihre Bahnen ziehen können. Das Schwimmen in der Seine, wo seit 1923 wegen der Verschmutz­ung Badeverbot herrscht, ist ein alter Traum. „Ich habe vor, in drei Jahren in der Seine zu baden, um zu zeigen, dass sie ein sauberer Fluss ist“, sagte der damalige Pariser Bürgermeis­ter Jacques Chirac schon 1990.

Doch 27 Jahre später ist das Wasser immer noch zu dreckig, um hineinzusp­ringen. Ein Aktionspla­n aus dem vergangene­n Jahr zeigt, dass in 92 Prozent der Fälle die sanitären Bedingunge­n für den Badespaß nicht gegeben sind. Risiken von Magen-Darm-Erkrankung­en, Hals-Nasen-Ohren-Infektione­n und anderen von Bakterien hervorgeru­fenen Krankheite­n zählt die Gesundheit­sbehörde der Pariser Großregion Ile de France auf. Immerhin geht es ihr schon besser. Die Stadtverwa­ltung hält auf alle Fälle an ihrem ehrgeizige­n Plan fest, Paris zu einem Badeort zu machen.

„Ich habe vor, in drei Jahren in der Seine zu baden, um zu zeigen, dass sie ein sauberer Fluss ist.“Jacques Chirac 1990 Pariser Bürgermeis­ter Bis Heute ist das Baden in der Seine verboten.

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FOTO: IMAGO, OBEN: DPA 300 Besucher haben gleichzeit­ig Platz zum Schwimmen in den drei Becken des Bassin de la Villette.

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