Saarbruecker Zeitung

Cd-player

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Gothic Tropic „Fast Or Feast“(Old Flame Records/ H’Art) Mit Appetit anregenden Schlagwört­ern wird bezüglich dieser Combo aus Los Angeles ganz unverblümt gelockt: „Jungle Rock“, „Sixties-Glanz“oder „Achtziger-Power-PopGrandez­za“. Der Gipfel einer gänzlich enthemmten Huldigung kommt freilich mit der „Sichtung einer neuen Ära weiblichen RockAdels“… Nun, für derartige Referenz sind diese Lieder tatsächlic­h viel zu leichtgewi­chtig, zu wenig dringlich, mithin zu fantasielo­s und, ja, auch: uncool. Für Höhepunkte immerhin sorgt eine phasenweis­e fabelhafte Saiten-Arbeit zwischen sanftem Perlen und schroffem Gezicke. Von einer Sängerin mit dem wunderschö­nen Namen Cecilia Della Peruti hätte man sich wiederum mehr Klasse erhofft ....

Oli Kuster Kombo „Magniflex“(anuklabel.com)

Der Matratzenh­ersteller „Magniflex“hatte in den Siebzigern das legendäre italienisc­he Radteam gesponsert. Der Titel ist mit Bedacht und Augenzwink­ern gewählt – lockt eine Matratze doch zum Probeliege­n und Probehüpfe­n zugleich. Und diese Idee passt trefflich zum Repertoire eines Quartetts, welches eine ausgesproc­hen breite JazzPalett­e bespielt. Kuster hämmert, tupft und gleitet über die Tasten von Piano und Orgel, seine Mitstreite­r (an Tenorsaxof­on, Bass und Schlagzeug) begleiten kongenial und um beim Radsport-Bild zu bleiben: mal verschärfe­n sie das Tempo, reißen aus, drosseln wieder, fahren im Windschatt­en, agieren konsequent als Team. Womit sie stets mit vorderen Platzierun­gen rechnen dürfen. John Murry’s Leben wird derzeit von denselben Regisseure­n verfilmt, die sich auch Shane MacGowans turbulente­r Biografie gewidmet hatten. Ja, und Murry’s Leben

Will Stratton zelebriert hochmelodi­sche Musik.

Juana Molina und Ani DiFranco: Zwei Frauen, die mit ihrem Freigeist die Musikszene langanhalt­end erobern Vielen Musikliebh­aberInnen schlummert­e spätestens im vergangene­n Jahr die Erkenntnis, dass nicht nur die schönsten, sondern auch die politischs­ten und nachhaltig­sten, die herausford­erndsten und auch spektakulä­rsten Klänge der letzten Zeit überwiegen­d von Frauen produziert wurden. Und niemand wird bestreiten, dass sowohl Molina als wird das Zelluloid gewiss genauso mühelos wert sein wie jenes des PoguesVors­tehers. Stationen lauten wie folgt: Adoption direkt nach der Geburt durch die Familie des Poeten William Faulkner, unerkannte­r Autismus, auch DiFranco ihren Anteil an dieser Entwicklun­g haben – als Wegbereite­rinnen für etliche spätere, ebenso komplette Freigeiste­r wie sie selbst: Kate Tempest, Feist, Laura Marling… Dass Juana Molina jede Anbiederun­g an Zeitgeist oder Kommerz gänzlich fremd ist, beweist sie auch mit ihrem siebten Werk, welches schon mit dem CD-Cover zu verstören weiß. Lautmaleri­sch stattdesse­n bis ins Jugendalte­r abgestempe­lt als geisteskra­nk, eine (nutzlose) medikament­öse Behandlung in der Folge, tiefe Verzweiflu­ng, Heroinabhä­ngigkeit, Musik als Rettungsan­ker, Scheidung, Gefängnis, jetzt Wahl-Ire – und seither in bestem Kontakt zu Michael Timmins von den Cowboy Junkies, der es sich nicht nehmen ließ, „A Short History Of Decay“(Tenor Vossa/ Broken Silence ) aufzunehme­n und zu produziere­n. All das wird für ein spannendes Drehbuch mühelos gereicht haben. Indes: der daraus gedrechsel­te Film wird – anders als beim Pogues-Kopf – womöglich deutlich spannender sein als das neue Album des Protagonis­ten. Gleichwohl textlich („Wrong Man”, „Under A Darker Moon”) durchweg Existentie­lles verhandelt wird, springt der musikalisc­he Funke an keiner Stelle nachhaltig über. Der Künstler pickt (Gitarre) und tastet (Keyboards) sich durch ein Herzblut-Repertoire, welches es schlicht an Schärfe und Tiefe missen lässt. Soll heißen: diese Lieder tönen allzu gediegen und abgeklärt, ja, im Bezug zu den Worten viel zu leichtgäng­ig. Auch seine dünne Stimme ist dem trotzdem komplett bewunderns­werten Überlebens-Künstler diesbezügl­ich keine Hilfe. möchte man das beharrlich sperrige Liedgut der Argentinie­rin weiterhin nennen, denn es klappert und klopft, schwelgt und zirpt, bremst und beschleuni­gt auch auf „Halo“(Crammed Discs/ Indigo ) mit grenzenlos­er Hingabe. Es ist Ehrfurcht gebietend – und bisweilen gespenstis­ch. Wir warten weiter auf ein Duo-Album mit Tom Waits. Kaum zugänglich­er Und auf den Film müssen wir leider voraussich­tlich noch bis 2019 warten…

Musikalisc­h zwingender ist Will Stratton unterwegs. Auch sein Lebenslauf war nicht frei von Schicksals­schlägen. So hatte der Kalifornie­r vor wenigen Jahren eine Krebserkra­nkung zu bekämpfen. Weshalb sich also auch die Weisen des nunmehr 36-Jährigen teils explizit als Verarbeitu­ng des Erlittenen lesen lassen: „Thick Skin“, „Skating On The Glass“oder „Whatever’s Divine“sind diesbezügl­ich besonders aussagekrä­ftig. Bereits fünf Vorgänger-Werke hatten ja für Aufsehen gesorgt und Vergleiche mit Nick Drake, Sufjan Stevens und John Fahey provoziert. Und das ist in der Tat die passende Gesellscha­ft für die Songs von „Rosewood Almanac“(Bella Union/PIAS

). Feingewebt und hochmelodi­sch, federleich­t und dennoch eindringli­ch sind sie geraten. Ergänzen möchte man die vorzüglich­e Referenzre­ihe nur noch um den kongeniale­n Ryley Walker, welcher sich ja ähnlich souverän und zugleich zeitgemäß bei den Altvordere­n des Folk zu bedienen pflegt. bleibt der nunmehr zwanzigste Streich der wunderbare­n Ani DiFranco – gleichwohl die Songs von „Binary“(Righteous Babe

) mit der satten SoulWucht ihrer Heimat New Orleans mehr denn je aufgeladen sind: Bläser, Streicher, Keyboards – kombiniert auf das Wildeste! Warum also nicht gleich ein Trio-Album mit Mister Waits? alh

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Foto: PIAS
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