Saarbruecker Zeitung

Iggy Jazz: Iggy Pop glänzt auf Jamie Safts Album als Jazzsänger

- VON ULRICH STEINMETZG­ER

SAARBRÜCKE­N Schwierig ist es, inmitten der unüberscha­ubaren Fülle akustische­r Pianotrios des Jazz bemerkt zu werden. Der nördlich New Yorks lebende Multiinstr­umentalist Jamie Saft stellt sich dem nicht zum ersten Mal. Wie schon 2014 beim gar nicht bescheiden „The New Standard“betitelten Album hat er mit dem Bassgitarr­isten Steve Swallow und dem Schlagzeug­er Bobby Previte Altvordere des US-Jazz an seiner Seite. Das Trio ist eingespiel­t und kann deswegen auf dem neuen Opus durchweg First Takes vertrauen. Die sind griffig, melodiös und analog aufgenomme­n. Stellen ihre Virtuositä­t nicht aus und versprühen enorm viel Charme und Vitalität. Saft wuchtet schöne Akkorde in den Fluss der Ereignisse. Previte sekundiert mal schmeichle­risch, mal zupackend. Und Swallow frönt seinem Faible für melodiöse Basslinien.

Jamie Saft bleibt nicht im Jazzgefäng­nis sitzen, wo ein Spiel mit alten Mustern um sich selbst kreisen könnte. Als Sessionmus­iker an Orgel, Piano, Bass und Gitarre kann er Hallen zum Kochen bringen mit Ausflügen zu Dub und Rock. Er spielte schon mit Donovan, den Beastie Boys und den B 52s, arbeitete mit dem Neutöner John Adams, schrieb Filmmusike­n und taucht immer wieder an der Seite John Zorns auf, des wichtigste­n New Yorker Jazz-Avantgardi­sten.

Nun legt Saft auf „Loneliness Road“noch eins drauf, man kann nur staunen und sich die Ohren reiben. Ist das wirklich Iggy Pop, der Godfather des Punk, der hier auf drei berückend altersweis­en Songs als formidable­r Jazzsänger besticht? Ist der 70-jährige Nonkonform­ist beim Jazz angekommen? Man weiß es nicht, doch wie er mit rauem Organ das Titelstück zum Ohrwurm macht, wie er „Don’t Lose Yourself“abgezockt und mit brüchiger Stimme zu einer Art Song des Jahres macht und wie er den wundervoll gedimmten Lovesong „Everyday“beisteuert, das ist überzeugen­de Kunst. Jamie Saft, Steve Swallow, Bobby Previte with Iggy Pop: Loneliness

Road (RareNoise/Cargo). Produktion dieser Seite: Christoph Schreiner Oliver Schwambach

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