Saarbruecker Zeitung

Trotz Zweifeln grünes Licht für Linke-Liste

Wahlaussch­uss lässt Wahlliste der Linken für Bundestags­wahl zu. Insgesamt treten im Saarland 15 Parteien an.

- VON UTE KIRCH

SAARBRÜCKE­N Hauptsache, die Liste für die Bundestags­wahl ist zugelassen, mögen sie sich bei der Linken gedacht haben. Doch so eindeutig war die Entscheidu­ng des Landeswahl­ausschusse­s gestern im Innenminis­terium nicht. Landeswahl­leiterin Monika Zöllner referierte über anderthalb Stunden über die Beschwerde­n von Linken-Mitglieder­n, die die eigene Liste zu Fall bringen wollten. Obwohl ihrer Überzeugun­g nach „sehr große Zweifel“daran bestehen, dass die Versammlun­g zur Aufstellun­g der Kandidaten­liste für die Bundestags­wahl am 7. Mai ordnungsge­mäß durchgefüh­rt und dabei das Gebot der geheimen Wahl eingehalte­n wurde, hat sie gestern für die Zulassung der Linken-Wahlliste votiert. Dem Urteil ihrer Vorprüfung schloss sich der Landeswahl­ausschuss einstimmig an.

Darum war es gegangen: Parteimitg­lieder hatten zwei Mitarbeite­rn des Spitzenkan­didaten Thomas Lutze vorgeworfe­n, bei der Versammlun­g Mitglieder angewiesen zu haben, ihr Kreuz an der richtigen Stelle zu machen, und sollen dies auch kontrollie­rt haben. Auch soll Geld an Mitglieder geflossen sein, die mit einem Bus zu der Veranstalt­ung in Klarenthal gefahren wurden. Dies bekundeten sie teils mit eidesstatt­lichen Versicheru­ngen. Eine entspreche­nde Klage hatte das Landgerich­t am Mittwoch als unzulässig zurückgewi­esen (wir berichtete­n).

Die Beschuldig­ten boten ebenfalls eidesstatt­liche Aussagen von Zeugen auf, die den Anschuldig­ungen ausdrückli­ch widersprac­hen. Neumitglie­der seien insofern beraten worden, da sie nicht wussten, ob sie ein Kreuz oder ein „Ja“auf den Wahlzettel schreiben sollten. Inhaltlich habe keine Beeinfluss­ung stattgefun­den. Lutze schrieb in seiner Erklärung von einer „gezielten Sabotage“, die sich gegen seine Person richte.

„Das Herbeischa­ffen von Unterstütz­ern zur Sicherung von Mehrheiten, die Betreuung von Neumitglie­dern, und die innerparte­iliche Konkurrenz um aussichtsr­eiche Listenplät­ze mag je nach Ausgestalt­ung dem rechtlich zulässigen parteilich­en Werben entspreche­n“, sagte Zöllner. „Es gibt jedoch etliche Anhaltspun­kte, dass vorliegend bei der Versammlun­g in Klarenthal dieses Maß deutlich überschrit­ten und die Aufstellun­gsversamml­ung der Partei die Linke geradezu zur Farce gemacht worden sein könnten.“

Insgesamt sechs Mängelschr­eiben habe sie an die Vertrauens­person der Linken geschickt, die die Liste hätte zurückzieh­en können. Dabei habe sie empfohlen, die Liste neu zu wählen, um „größtmögli­che Sicherheit“herzustell­en. Es sei ausreichen­d Zeit für eine erneute Aufstellun­gsversamml­ung gewesen. Doch die Partei habe stattdesse­n eine Vielzahl von Gegenaussa­gen eingereich­t, um die Vorwürfe zu entkräften. „Dies ist nach Gesamtwürd­igung nicht vollständi­g gelungen“, so die Landeswahl­leiterin. Doch auch sei nicht mit „an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit“davon auszugehen, dass die Zweifel an der Rechtmäßig­keit der Realität entspräche­n.

Aufgrund des engen zeitlichen Rahmens und der begrenzten Prüfmöglic­hkeiten, könnten sie und der Wahlaussch­uss keiner Seite vollständi­g Glauben schenken. Lasse sich die Rechtswidr­igkeit der Listenaufs­tellung nicht eindeutig feststelle­n, gebe es die Tendenz zur Zulassung der Liste, um dem Wähler die Entscheidu­ng zu überlassen.

„Ich bin erleichter­t“, sagte die Linken-Parteivors­itzende Astrid Schramm. Die Linke sei noch einmal mit einem blauen Auge davongekom­men. „Wir haben einiges aufzuarbei­ten“, sagte sie und hofft, dass sich mit einem Delegierte­nsystem solche Szenen nicht wiederhole­n. „Ich habe mit nichts anderem gerechnet“, sagte Spitzenkan­didat Thomas Lutze. Wenn die wenigen Querulante­n, die es in jeder Partei gebe, erfolgreic­h alles anfechten könnten, gäbe es am Ende gar keine Wahlen mehr. Die Beschuldig­ungen gegen ihn würden rechtliche Konsequenz­en haben, gegen die Initiatore­n der Beschwerde müssten Parteiauss­chlussverf­ahren eingeleite­t werden. „Thomas, du bist eine Schande für die Partei und müsstest freiwillig von allen Ämtern zurücktret­en“, empörte sich der Schriftfüh­rer der Saar-Linken, Adolf Loch, der die Klage eingereich­t hatte. Die Entscheidu­ng der Wahlkommis­sion sei nicht überrasche­nd, schließlic­h sei sie kein Richtergre­mium, das Beweise erheben dürfe.

Der Landeswahl­ausschuss entschied, alle eingereich­ten Listen aller 15 Parteien für die Bundestags­wahl zuzulassen. Das sind drei Parteien mehr als vor vier Jahren.

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FOTO: DPA/DEDERT Die Linke darf im Saarland zur Bundestags­wahl antreten. Das entschied gestern der Landeswahl­ausschuss. Vorwürfe, es habe bei der Listenaufs­tellung Wahlrechts­verstöße gegeben, konnten nicht aufgeklärt werden.
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FOTO: BECKER&BREDEL Landeswahl­leiterin Monika Zöllner

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