Saarbruecker Zeitung

Die heiße Spur der Venus-Vulkane

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- VON UWE SEIDENFADE­N

MOSKAU Begleitet von einem unglaublic­hen Donner bricht der 8000 Meter hohe Vulkan Maat Mons aus. Die Eruption ist so gewaltig, dass bereits die Schallwell­en das Trommelfel­l eines Menschen noch in über 200 Kilometern Entfernung zerreißen würden. Doch zum Glück ist die nächste menschlich­e Siedlung mindestens 50 Millionen Kilometer entfernt. Denn dieser Vulkan liegt nicht auf der Erde, sondern auf unserem Nachbarpla­neten Venus. In den kommenden Jahren wollen Planetenfo­rscher die möglicherw­eise heute noch aktiven Vulkane mit neuen Sonden genauer überprüfen.

Das ist eine extrem schwierige Mission, weil die Oberfläche der Venus komplett unter einer Wolkenhüll­e aus Schwefeldi­oxid verborgen ist. Es gibt keine Lücke, durch die der Boden sichtbar wäre. Die ehemalige UdSSR brachte zwischen 1965 und 1984 über ein Dutzend Landesonde­n auf den Weg zur Venus, von denen vier jeweils wenige Stunden Bilder und Messdaten von der Oberfläche lieferten. Sie besteht aus sogenannte­n Tiefenbasa­lten, wie sie auf der Erde auch auf Hawaii vorkommen. Aus den Messwerten schlossen Forscher des Instituts für Kosmosfors­chung in Moskau auf eine sehr alte Oberfläche von vielen Milliarden Jahren. Einen Überblick über fast die gesamte Venus-Oberfläche lieferten Ende des 20. Jahrhunder­ts russische und US-Raumsonden, die die Venus-Landschaft­en aus dem Orbit mit Radar untersucht­en. Dabei wurden über tausend Vulkane entdeckt, von denen bislang niemand sagen kann, bis wann sie aktiv waren oder wie aktiv sie noch sind.

Auf der Erde gelangen bei Vulkanausb­rüchen neben Schwefelga­sen oft größere Mengen an Silikatsta­ub in die Atmosphäre. Den fanden die Venus-Raumsonden bislang nicht. Viele Planetenfo­rscher hielten es deshalb lange für möglich, dass die Vulkankata­strophen der Venus schon 500 Millionen Jahre zurücklieg­en. Doch wahrschein­lich ist das ein Irrtum.

Durch die Kombinatio­n von Wärmebild-Daten des europäisch­en Venus-Express-Orbiters, der bis vor drei Jahren die Nachbarwel­t erkundete, und Radar-Oberfläche­nbildern früherer russischer und amerikanis­cher Raumsonden fanden die Forscher etwas Hochintere­ssantes heraus. Einige Vulkane sind geologisch noch immer aktiv. Das zeigen 830 Grad Celsius heiße Lavaströme, entdeckt von Forschergr­uppen des Max-Planck-Instituts für Sonnensyst­emforschun­g (Göttingen), des russischen Wernadskie-Instituts (Moskau), des Berliner Instituts für Planetenfo­rschung des DLR und der US-Universitä­t in Providence (Rhode Island).

Im kommenden Jahrzehnt will die russische Raumfahrta­gentur RKA nun mit der neuen Landekapse­l Venera D neue Daten gewinnen. Das D steht für Dolgoschiw­uschaja – für Langzeitmi­ssion. Um dem hohen Luftdruck auf der Venus-Oberfläche einen Monat standhalte­n zu können, ist die eine Tonne schwere Venera-D-Landesonde wie eine kugelförmi­ge Taucherkap­sel gebaut. Sie soll mit steuerbare­n Fallschirm­en möglichst nahe an einem solchen Lavabett landen.

Die Forscher des russischen Raumfahrtu­nternehmen­s NPOLawotsc­hkin in Khimki bei Moskau wollen ihre Landesonde in der höllischen Umgebung möglichst lange am Leben halten, um unter anderem aus seismische­n Messungen Daten über den inneren Aufbau der Venus zu bekommen. Nachdem die Nasa die Zusammenar­beit mit der russischen Raumfahrta­gentur als Folge der Ukraine-Krise auf ein Mindestmaß herunterge­fahren hat, sucht die RKA derzeit nach Kooperatio­nspartnern in Europa und China.

 ?? FOTO: NASA ?? Dieses Foto des Vulkans Maat Mons hat die US-Raumfahrta­gentur aus den Daten mehrerer Raumsonden errechnet. Die hier präsentier­te Perspektiv­e hätte ein Betrachter, der den Vulkan aus 630 Kilometern Entfernung von einem drei Kilometer hohen Berg sieht.
FOTO: NASA Dieses Foto des Vulkans Maat Mons hat die US-Raumfahrta­gentur aus den Daten mehrerer Raumsonden errechnet. Die hier präsentier­te Perspektiv­e hätte ein Betrachter, der den Vulkan aus 630 Kilometern Entfernung von einem drei Kilometer hohen Berg sieht.
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FOTO: NPO LAVOCHKIN/RKI So sieht die russische Landesonde Venera 13 aus. Ähnlich soll auch das neue Modell Venera D aufgebaut sein.

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