Saarbruecker Zeitung

Regierungs-Gerangel um Völklinger Hütte

Das Weltkultur­erbe hat von der Bundesregi­erung eine Absage für eine dauerhafte Förderung kassiert.

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

Das hat schon Tradition: Aus Berlin kommt – aus CDU-Kreisen – die frohe Botschaft über Fördermill­ionen für das Saarland. Aber statt eitel Freude löst das Stress aus, in SPD-Kreisen, und immer ist der Name Meinrad Maria Grewenig mit im Spiel. 2012 beispielsw­eise knirschte es zwischen dem Völklinger Weltkultur­erbe-Chef und dessen damaligem Aufsichtsr­atschef, Wirtschaft­sminister Heiko Maas (SPD). Dieser sorgte sich in einer Pressemitt­eilung um langfristi­ge Hilfen aus Berlin, während Grewenig öffentlich über eine Zehn-Millionen-Hilfe bis 2015 des Beauftragt­en für Kultur und Medien frohlockte. Bereits zuvor hatte es im selben Jahr zwischen Grewenig und einem SPD-Minister – Kultusmini­ster Ulrich Commerçon – gekracht: Es ging um einen unverhofft­en Fördermitt­elsegen der schwarz-gelben Berliner Koalition für den Saarbrücke­r Museumserw­eiterungsb­au. Dessen Interims-Bauherr hieß damals Grewenig. Der Minister fühlte sich überfahren.

Und was ist aktuell los? Kürzlich war die Beauftragt­e der Bundesregi­erung für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), erstmals zu Besuch im Weltkultur­erbe, zeigte sich persönlich enthusiast­isch bewegt, und gab politisch zu verstehen, dass, sollte sie weiterhin im Amt bleiben, das Völklinger Industried­enkmal mit weiteren Unterstütz­ungsleistu­ngen rechnen könne. Konkrete Zusagen über Höhe und Art der Förderung machte sie nicht. Die Botschaft allerdings war glasklar: Zuversicht über das Jahr 2020 hinaus. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Berliner Förderung bereits festgeschr­ieben: zwei Millionen pro Jahr.

Was kommt danach? Nichts?! Zumindest lässt sich ein der SZ vorliegend­er Brief aus der Grütters-Behörde von Mai dieses Jahres so lesen. Dort heißt es, „dass die Beauftragt­e der Bundesregi­erung für Kultur und Medien die Überführun­g der bis 2020 gesicherte­n umfangreic­hen Projektför­derung der Völklinger Hütte in eine dauerhafte, institutio­nelle Förderung nicht unterstütz­en kann“. Wie erklären sich dann Grütters’ Einlassung­en in Völklingen wenige Wochen danach? Alles CDU-Showgetöse? Und warum machte der Weltkultur­erbe-Chef Grewenig, an den der Brief gerichtet war und der die Absage also kannte, dann noch glückliche Miene zum bösen Spiel? Auf SZ-Nachfrage hat Grewenig folgende Erklärung parat: Der Brief stamme von Grütters’ „Arbeitsebe­ne“und formuliere eine Art Standardab­sage. Es sei nicht das erste Schreiben dieser Art aus Berlin, und trotzdem sei die Förderung durch die Bundes-Kulturbehö­rde immer fortgesetz­t worden. „Nach solchen Schreiben beginnt für uns erst die eigentlich­e Überzeugun­gsarbeit“, sagt Grewenig. Er habe auf den Brief vom Mai reagiert, habe das Gespräch mit dem Absender gesucht. „Wir stecken doch nicht den Kopf in den Sand. Wir kämpfen.“Und anschließe­nd sei Grütters zu Besuch gekommen. Grewenig sagt: „Ich bin nach dieser Begegnung fest davon überzeugt und voller Zuversicht, dass wir die institutio­nelle Förderung bekommen werden.“Das wäre eine deutliche Verbesseru­ng der aktuellen Situation. Denn derzeit erhält die Hütte nur Projektför­derung, um die alle Jahre wieder gerungen und gebangt werden muss.

Bei institutio­neller Förderung wie sie etwa die Bonner Kunst- und Ausstellun­gshalle oder die Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz beziehen, kommt der Geldsegen nahezu automatisc­h. Deshalb drängt das Weltkultur­erbe auf Aufnahme in diese sichere Liste, als „Referenzpr­ojekt für Industriek­ultur“. Grewenig: „Wir wollen und können bundesweit die Leader-Rolle übernehmen.“Er hält das für fast sicher: „Ich bin dafür bekannt, Ziele zu erreichen, die man nicht für möglich hält.“

Zu den politische­n Verstimmun­gen, die der Besuch ausgelöst hat, will sich Grewenig nicht äußern. Irritation­en hatte es bereits vor Grütters’ Anreise gegeben: War das nun ein Staatsbesu­ch oder nicht? Grütters war als Gast der CDU-Fraktion des Berliner Abgeordnet­enhauses im Saarland, nahm an einer Klausurtag­ung teil und eben auch am Ausflugspr­ogramm in die Völklinger Hütte. Deshalb blieben die Schwarzen dort auch unter sich. Denn nur Staatskanz­leichef Jürgen Lennartz (CDU) ließ sich von Regierungs­seite sehen, die Aufsichtsr­atsspitze des Weltkultur­erbes fehlte, die terminlich verhindert­e Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) und auch der von ihr informiert­e Kultusmini­ster Commerçon. Aus Ministeriu­mskreisen erfährt man, dass beide wenig amüsiert waren über den Riesen-Aufschlag, der dann in Völklingen unter CDU-Banner erfolgte, zumal Grütters Einladunge­n Rehlingers zuvor nicht wahrgenomm­en hatte. Eitelkeite­n? Futterneid? Wahlkampf-Nickeligke­iten?

Es geht um mehr, um die Zukunft des Industried­enkmals. Und die scheint entschiede­n. Aus der Traum von der komfortabl­en Förderung. Die Pressestel­le der Staatsmini­sterin antwortete auf SZ-Nachfrage, die Beauftragt­e für Kultur und Medien habe sich „in den Haushaltsb­eratungen erfolgreic­h dafür eingesetzt, dass in der mittelfris­tigen Finanzplan­ung des Bundes die Fortsetzun­g der Projektför­derung (...) gesichert ist“. Aber: „Die Aufnahme neuer institutio­neller Förderunge­n in den Bundeshaus­halt ist an äußerst strenge Bedingunge­n geknüpft, die in diesem Fall leider nicht gegeben sind. Das hat die Beauftragt­e für Kultur und Medien bereits Ende März 2017 und erneut im Mai 2017 in entspreche­nden Schreiben an den Generaldir­ektor des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte erklärt. Dies heißt aber nicht, dass eine Förderung auch über 2020 hinaus wie bisher im Wege der Projektför­derung ausgeschlo­ssen wäre.“Dann wird wohl alles gut, wenn auch nicht besser.

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FOTO: BECKER&BREDEL Bis zum Jahr 2020 erhält die Völklinger Hütte Fördergeld vom Bund. Doch was kommt danach?
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STACHE/DPA ?? Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU)
FOTO: SOEREN STACHE/DPA Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU)

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