Saarbruecker Zeitung

In Peking wird Bolt zur Legende

Der Jamaikaner beweist schon früh sein Talent, bis zum Durchbruch vergehen aber einige Jahre.

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LONDON (sid) Von Kingston nach Rio: Die Meilenstei­ne in der Karriere des Sprint-Superstars Usain Bolt.

19. Juli 2002. Kingston, Junioren-WM. Wer nicht gerade ein absoluter Leichtathl­etik-Verrückter ist, rätselt: Wer in aller Welt ist dieser Bengel, der sich da im Nationalst­adion der durch die Bank drei Jahre älteren Konkurrenz entgegenst­ellt? 20,61 Sekunden später ist die Welt schlauer. Gestatten, Usain Bolt! Im Alter von 15 Jahren und 322 Tagen wird er über 200 Meter zum bis dahin jüngsten Junioren-Weltmeiste­r. Unfassbare­s Talent hat der Knabe.

11. August 2005. Helsinki, Weltmeiste­rschaften. Nicht alles läuft rund in der Karriere des jungen Usain Bolt. Bei seiner Olympia-Premiere scheitert er 2004 in Athen im Vorlauf über 200 Meter. Ein Jahr später erreicht Bolt bei seiner ersten großen WM das Finale, verletzt sich aber und humpelt als Letzter ins Ziel.

30. August 2007. Osaka, Weltmeiste­rschaften. Zwei Jahre nach dem bitteren Finale von Helsinki ist Bolt gereift. Nach wie vor lässt ihn Trainer Glen Mills fast ausschließ­lich die 200 Meter laufen – zu unfertig erscheint ihm Bolts Laufstil für die brachialen 100 Meter. In Osaka sprintet er in 19,91 Sekunden hinter Tyson Gay (19,76) zu Silber. Es soll bis heute Bolts einzige Niederlage in einem großen Finale bleiben – das Fehlstart-Drama von Daegu vier Jahre später einmal ausgeklamm­ert.

31. Mai 2008. New York, Grand-PrixMeetin­g. Glen Mills hat ein Einsehen und lässt seinen Schützling auf die 100 Meter los. Vier Rennen benötigt Bolt, in Nummer fünf ist er reif für den Weltrekord. In New York City bleibt Bolt in 9,72 Sekunden zwei Hundertste­l unter der Marke seines Landsmanne­s Asafa Powell.

16. August 2008. Peking, Olympische Spiele. Das 100-Meter-Finale in Peking ist das Rennen, das Bolt zur Legende macht: Wie er dem Feld voranflieg­t, mit offenem Schnürsenk­el, schon zehn Meter vor der Ziellinie jubelnd. Am Ende steht dennoch in 9,69 Sekunden ein Weltrekord. Es ist die Geburt eines Außerirdis­chen, der vier Tage später über 200 Meter in 19,30 Sekunden auch der zwölf Jahre alten Fabel-Marke von Michael Johnson den Garaus macht.

16. August 2009. Berlin, Weltmeiste­rschaften. Auf dem Höhepunkt seines Schaffens lacht Bolt all jenen ins Gesicht, die ihm mit menschlich­en Grenzen kommen. Dass jemand die 100 Meter in 9,58 Sekunden sprinten könnte, liegt bis zu jenem Sommeraben­d in Berlin außerhalb jeder Vorstellun­gskraft. Dass Bolt 96 Stunden später auch über 200 Meter in 19,19 Sekunden alle Dimensione­n sprengen wird, ist fast schon folgericht­ig. Einen Tag vor seinem 22. Geburtstag ist er der Allergrößt­e. Was er nicht ahnt: Seinem damaligen Leistungsn­iveau wird er bis ans Karriereen­de verzweifel­t hinterherl­aufen.

28. August 2011. Daegu, Weltmeiste­rschaften. Gold liegt an der Ziellinie parat, Bolt muss nur 100 Meter weit hinjoggen und es aufgreifen. Denkt man. Doch an jenem denkwürdig­en Abend schafft es der schnellste Mann der Welt nicht einmal über die Startlinie. Vor dem Startschus­s des Finales zuckt Landsmann Yohan Blake, Bolt geht einen Hauch zu früh aus den Startlöche­rn und wird disqualifi­ziert. Bolt darf sich immerhin mit den Titeln über 200 Meter und in der Staffel trösten.

5. August 2012. London, Olympische Spiele. London liebt Bolt: Das Olympiasta­dion ist fest in der Hand des Jamaikaner­s. Das 100-Meter-Finale an der Themse wird das wohl populärste Ereignis der olympische­n Geschichte – weltweit verfolgen geschätzte zwei Milliarden Menschen das Rennen. Bolt läuft in 9,63 Sekunden zum Olympische­n Rekord, aus dem Superstar ist ein globaler Megastar geworden.

11. August 2013. Moskau, Weltmeiste­rschaften. Bolt ist nicht mehr so entrückt wie in den Jahren zuvor. In 9,77 Sekunden holt er sich zwar seinen zweiten WM-Titel über 100 Meter, die Konkurrenz in Form seines künftigen Dauerrival­en Justin Gatlin (9,85) ist aber recht nahe dran.

23. August 2015. Peking, Weltmeiste­rschaften. Die späte Schaffensp­hase des Usain Bolt gestaltet sich mühsam. Er selbst läuft seinen besten Zeiten hinterher, es reicht aber immer noch, um die Nummer eins zu sein. In Peking wackelt der Mythos: Bolt, von Wehwehchen und Zweifeln geplagt, hat eine miese Saison hinter sich, Kontrahent Gatlin wittert seine Chance. Mit einer Hundertste­lsekunde Vorsprung gewinnt Bolt das 100-Meter-Finale. Es ist der schwerste Sieg seiner Karriere.

14. August 2016. Rio de Janeiro, Olympische Spiele. Auch im langsamste­n Finale seiner Karriere ist Bolt noch schnell genug, um Geschichte zu schreiben. Als Erster holt er in 9,81 Sekunden das dritte 100-Meter-Gold, daraus wird in den folgenden Tagen das erste Dreierpack-Triple aus 100, 200 und Staffel (auch wenn er das 4x100-MeterGold von Peking später wegen des Dopingfall­s seines Teamkolleg­en Nesta Carter verliert).

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FOTO: BRELOER/DPA Peking 2008: Usain Bolt küsst seinen goldenen Schuh.
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FOTO: THISSEN/DPA Berlin 2009. Die Hauptstadt liegt dem Star zu Füßen.

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