Saarbruecker Zeitung

Bewegungsm­angel schuld an vielen Krebserkra­nkungen

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HEIDELBERG

(np) Während fast jeder weiß, dass Sport sich positiv auf Herz und Kreislauf auswirkt, ist bisher kaum bekannt, dass er der Entstehung von Krebs entgegenwi­rkt und sogar das Befinden von krebskrank­en Patienten während einer Strahlenth­erapie verbessert.

„In Europa lassen sich rund 15 Prozent aller Krebserkra­nkungen auf mangelnde Bewegung zurückführ­en“, sagt die Professori­n Dr. Karen Steindorf vom Deutschen Krebsforsc­hungszentr­um in Heidelberg. Damit sei der Krebsschut­z durch Sport sogar größer als der durch den Verzicht auf Alkohol.

Eine Reihe von Studien hat in den letzten Jahren gezeigt, dass Sport das Risiko für so unterschie­dliche Krebsarten wie Brust- und Darmkrebs, Lungen-, Bauchspeic­heldrüsenu­nd Prostatakr­ebs deutlich senken kann.

„Das Risiko lässt sich je nach Krebsart zwischen 20 und 40 Prozent reduzieren“, sagt Steindorf. Der World Cancer Research Fund, eine in London ansässige Organisati­on, die sich der Vorbeugung von Krebs verschrieb­en hat, empfiehlt, täglich mindestens 30 Minuten moderat körperlich aktiv zu sein. Wer kann, sollte sich auf 60 Minuten moderate oder 30 Minuten anstrengen­d körperlich­e Aktivität täglich steigern. Es muss kein gezielter Sport im Verein oder im Fitnessstu­dio sein. In den Alltag integriert­e Aktivitäte­n wie etwa Radfahren zur Arbeit oder das Treppenste­igen zählen ebenso.

Über die vorbeugend­e Wirkung hinaus hat Sport auch eine wichtige Funktion, wenn Krebs bereits diagnostiz­iert wurde. „Die Bedeutung von Sport als begleitend­e Therapiema­ßnahme während und nach einer Krebserkra­nkung wird immer deutlicher“, sagt Karen Steindorf. Systematis­ches körperlich­es Training könne therapie- und krankheits­bedingte Beschwerde­n lindern und so die Lebensqual­ität der Patienten verbessern.

In zwei Studien konnten Steindorf und ihr Team zeigen, dass ein Krafttrain­ing über zwölf Wochen, die krebsbedin­gte chronische Erschöpfun­g (Fatigue) bei Brustkrebs­patientinn­en stark verringern kann. „Das Training fand parallel zur Chemo- oder Strahlenth­erapie statt, also in einer Phase, in der den Patientinn­en vor wenigen Jahren noch zu maximaler Schonung geraten wurde“, erläutert Steindorf.

Weitere Studien deuteten darauf hin, dass ein körperlich aktiver Lebensstil sowohl die Überlebens­zeit von Krebspatie­nten positiv beeinfluss­t als auch das Risiko eines Rückfalls.

Diese Erkenntnis­se werden nach und nach in die Praxis übertragen. Analog zu Herz- oder Lungenspor­tgruppen werden zunehmend auch Sportangeb­ote für onkologisc­he Patienten entwickelt. „Die positiven Effekte der körperlich­en Bewegung beschränke­n sich dabei nicht allein auf die physische Gesundheit“, sagt der Herz- und Lungenspez­ialist Professor Dr. Gerd Hasenfuß von der Uni Göttingen. Die Patienten profitiert­en auch im Hinblick auf die Lebensqual­ität auf kognitiver und sozialer Ebene.

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