Saarbruecker Zeitung

„Palmer unterstütz­t die Argumentat­ion der Rechten“

- DIE FRAGEN STELLTE GERRIT DAUELSBERG

SAARLOUIS

Als Mitglied im Vorstand des Saarländis­chen Flüchtling­srates setzt sich Heinz-Peter Nobert für Asylbewerb­er ein. Der Rechtsanwa­lt ist außerdem Mitglied der Grünen, für die er von 2012 bis 2014 im Stadtrat von Saarlouis saß. Äußerungen seines Parteifreu­ndes Boris Palmer sieht er sehr kritisch.

Was sagen Sie zu den Thesen von Boris Palmer in seinem Buch? Zum Beispiel zu dem Titel, der besagt, dass wir nicht allen helfen können?

Heinz-Peter Nobert:

Der Titel ist natürlich sehr allgemein. Und so allgemein mag er ja richtig sein. Wenn aber damit gesagt werden soll, dass es auf der Welt 65 Millionen Flüchtling­e gibt und wir nicht alle aufnehmen können, dann ist das populistis­ch. Es kommen ja keine 65 Millionen hier her. Nach Europa kommt nur ein ganz geringer Teil. Die meisten Flüchtling­e bleiben in ihrer Umgebung. Die ärmsten Länder nehmen im Grunde die meisten Flüchtling­e auf der Welt auf. Die Aussage von Boris Palmer ist eine völlig unrealisti­sche Sicht der Dinge und unterstütz­t die Argumentat­ion der rechten Kräfte im Land.

Palmer vergleicht die Sicherheit­slage Afghanista­ns mit der Brasiliens, weil dort ähnlich viele Menschen umgebracht werden. Was sagen Sie zu diesem Vergleich?

Nobert:

Der ist aus meiner Sicht zynisch und ist auch Wasser auf die Mühlen von rechten Kräften. Da werden Dinge verglichen, die nicht vergleichb­ar sind. Wenn man sich die Reisehinwe­ise des Auswärtige­n Amtes zu Brasilien und zu Afghanista­n anschaut, dann wird das schon deutlich. In Afghanista­n herrscht Krieg. Auch UNHCR (Das Flüchtling­shilfswerk der Vereinten Nationen, Anm. d. Red.) sagt, es gibt keine sicheren Gebiete in Afghanista­n. Ich glaube, überhaupt nehmen nur wenige seriöse Menschen an, dass es dort noch irgendwo sichere Ecken gibt. Das ist ja auch der Hintergrun­d, warum selbst die Bundesregi­erung derzeit keine Abschiebun­gen nach Afghanista­n zulässt.

Palmer kritisiert, dass die Diskussion um das Thema Flüchtling­e sehr stark polarisier­t ist. Man werfe sich gegenseiti­g vor, entweder „Gutmensch“zu sein oder „Rassist“. Inwieweit hat er damit aus Ihrer Sicht recht oder unrecht?

Nobert:

Es ist jedem erlaubt, seine Meinung zu sagen. Ich bin auch dafür, dass man konstrukti­v miteinande­r diskutiert. Aber wenn natürlich solche Totschlag-Argumente kommen wie „65 Millionen Menschen stehen vor unserer Tür“, dann ist das auch kein Beitrag zu einer sachlichen Diskussion.

Schadet Palmer den Grünen aus Ihrer Sicht? Man könnte ja auch sagen, er erschließt neue Wählergrup­pen. . .

Nobert:

Meiner Meinung nach gibt er zumindest nicht die Mehrheitsm­einung der grünen Wähler und Parteimitg­lieder wieder. Er vertritt eine sehr spezielle Einzel-Auffassung.

Also schadet er den Grünen?

Nobert:

Aus meiner Sicht ja.

 ?? FOTO: ROBBY LORENZ ?? Heinz-Peter Nobert vom saarländis­chen Flüchtling­srat.
FOTO: ROBBY LORENZ Heinz-Peter Nobert vom saarländis­chen Flüchtling­srat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany