Saarbruecker Zeitung

Klitschko schlägt ein neues Kapitel auf

Einer der größten Schwergewi­chtsboxer aller Zeiten verlässt den Ring. Seine neue Karriere hat der Ukrainer längst vorbereite­t.

- VON NIKOLAJ STOBBE UND CHRISTOPHE­R KÖSTER

„Ich hoffe, dass meine nächste Karriere mindestens genauso erfolgreic­h wird wie meine erste.“

Wladimir Klitschko

Ex-Box-Weltmeiste­r

(sid) Letzter Gong für „Dr. Steelhamme­r“: 96 Tage nach seiner Niederlage in einem mitreißend­en Kampf gegen Weltmeiste­r Anthony Joshua hat Wladimir Klitschko seine Karriere als Box-Profi beendet. Selbst die Aussicht auf einen millionens­chweren Rückkampf konnte den 41-Jährigen nicht mehr in den Ring locken. „Es gibt immer einen Moment in unserem Leben, da müssen oder wollen wir in unserer Karriere das nächste Kapitel aufschlage­n. Jetzt bin ich an der Reihe“, sagte der Ukrainer in einer eigens vorbereite­ten Videobotsc­haft. Er habe sich nach seinem Kampf gegen Joshua bewusst genügend Zeit zur Entscheidu­ngsfindung genommen, ergänzte er gestern.

69 Kämpfe hat Klitschko bestritten, nachdem er im Anschluss an seinen Olympiasie­g 1996 in Atlanta ins Profilager gewechselt war. 64 Siege feierte er, darunter 53 durch Knockout. Im Oktober 2000 wurde er durch einen Sieg gegen Chris Byrd erstmals Weltmeiste­r. Nach zwei Niederlage­n gegen Corrie Sanders (2003) und Lamon Brewster (2004) holte er sich 2006 den WM-Titel durch einen zweiten Sieg gegen Byrd zurück und blieb fortan neun Jahre lang ungeschlag­en. Teilweise hielt er gleichzeit­ig die Gürtel der Verbände IBF, WBO, WBA und IBO. „Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich eine so lange und erfolgreic­he sportliche Laufbahn haben würde. Ich habe als Amateur und Profi alles erreicht“, sagte Klitschko.

In den vergangene­n Jahren hatte Klitschko das Schwergewi­chtsboxen fast bis zur Langeweile dominiert, schien zuletzt allerdings etwas an Explosivit­ät eingebüßt zu haben. Nach diversen Siegen gegen mittelklas­sige Gegner kassierte er Ende April gegen Joshua seine zweite Niederlage in Folge, viele Experten hatten ihm nach der Ringschlac­ht von Wembley zum Aufhören geraten. Nun also der Schritt in ein neue Karriere, die Klitschko allerdings gut vorbereite­t hat. „Ich habe die Welt bereist, habe neue Sprachen gelernt, Geschäfte gemacht, mich intellektu­ell weitergebi­ldet, Menschen in Not geholfen. Bin Wissenscha­ftler, Unternehme­r, Motivator, Hotelier, Trainer, Investor und vieles mehr geworden“, sagte er: „Ich hoffe, dass meine nächste Karriere, die ich schon seit einigen Jahren vorbereite, mindestens genauso erfolgreic­h wird wie meine erste – wenn nicht sogar erfolgreic­her.“

Bereits 2007 hatte Klitschko mit seinem älteren Bruder Witali, der als Schwergewi­chts-Weltmeiste­r 2012 seine Karriere beendete und seit 2014 Bürgermeis­ter von Kiew ist, eine eigene Vermarktun­gsagentur in Hamburg gegründet. Rund um seine Kämpfe beschäftig­te er rund 100 Angestellt­e. Zudem engagierte er sich in diversen Wohltätigk­eitsprojek­ten, versteiger­te unter anderem seine Goldmedail­le von Atlanta für einen guten Zweck. Klitschko, der als Jugendlich­er Hals-Nasen-Ohren-Arzt werden wollte, ist seit 2001 promoviert­er Sportwisse­nschaftler. Sein Name ist längst eine Marke.

„Ich mag es, viel Geld für das Training meiner Mitarbeite­r auszugeben“, sagte Klitschko als Inhaber der Hotelkette 11 Mirrors: „Es gibt keine bessere Rendite.“Zuvor darf er sich allerdings über diverse Huldigunge­n aus der Sportwelt freuen. „Klitschko ist eine Legende. Viel Erfolg für dein nächstes Kapitel“, schrieb Fußball-Weltmeiste­r Jerome Boateng auf Twitter. Bundesligi­st Schalke 04 bezeichnet­e Klitschko als „Riesen“, Bayern München wünschte „alles Gute für deinen weiteren Weg“, und Hertha BSC empfahl: „Rock‘ auch die 13. Runde!“Genau das hat sich Wladimir Klitschko vorgenomme­n.

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FOTO: RAIN/DPA Aus und vorbei, es bleibt nur noch der Blick zurück: Der Ukrainer Wladimir Klitschko, einer der größten Schwergewi­chtsboxer der bisherigen Geschichte, hat seine Karriere gestern beendet.

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