Saarbruecker Zeitung

Die Krabbeltie­re sind auf dem Vormarsch

Bettwanzen im Flieger und Kakerlaken im Haus: Schädlings­bekämpfer machen derzeit gute Geschäfte.

- VON UTA KNAPP

(dpa) Ob Bettwanzen in der Komfort-Klasse im Flieger oder faustgroße Kakerlaken-Nester in der Wohnung in Hagen: Die Schädlings­bekämpfer-Branche kann sich derzeit über Auftragsma­ngel nicht beklagen. „Wir platzen aus allen Nähten und suchen händeringe­nd Personal“, berichtet Andreas Beckmann, Geschäftsf­ührer des deutschen Schädlings­bekämpfer-Verbands. Bettwanzen, Kakerlaken, Ratten, Mäuse und Co. sorgen bereits seit Jahren bei der stets diskret arbeitende­n Branche für zweistelli­ge Wachstumsr­aten. Auch im laufenden Jahr sei der Trend ungebroche­n, berichtet Beckmann. Allein im vergangene­n Jahr konnte die Branche in Deutschlan­d einen Umsatz von rund 600 Millionen Euro erwirtscha­ften.

Konkrete Zahlen zum Schädlings­befall in Deutschlan­d gibt es ebenso wenig, wie Informatio­nen über die Kunden, der in diesem Punkt nicht sehr auskunftsf­reudigen Branche. Die Probleme mit Bettwanzen seien in den vergangene­n zehn Jahren gewachsen, berichtet Beckmann. Auch wenn sich der Trend wieder etwas verlangsam­t habe.

„Sie sind psychisch am Ende, trauen sich nicht mehr zu schlafen und die Kinder werden mit Stichen im Gesicht in der Schule gehänselt“, so beschreibt der Berliner Schädlings­bekämpfer Mario Heising die Lage der Hausbewohn­er nach einem Bettwanzen­befall. Aufgrund der angespannt­en Personalla­ge und der vollen Auftragsbü­cher seien Wartezeite­n von bis zu vier Wochen bis zum Einsatz des Schädlings­bekämpfers derzeit jedoch keine Seltenheit.

Heising schätzt auf der Grundlage einer Umfrage unter Kollegen, dass es im vergangene­n Jahr allein in Berlin rund 5000 Einsätze gegen Bettwanzen gab, rund zwei Drittel davon in Betrieben wie Hotels und Hostels. Sprecherin Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband (DEHOGA) teilt dagegen auf Anfrage mit, dass „keinerlei Daten“zum Thema Bettwanzen in deutschen Hotels vorlägen. „Doch basierend auf unseren Kenntnisse­n des Beherbergu­ngsmarkts in der Bundesrepu­blik können wir nicht bestätigen, dass dieses Problem in irgendeine­r Weise zunimmt“, heißt es in der Stellungna­hme weiter. Offensiv geht der Deutsche Alpenverei­n DAV mit dem Problem um, der auf seiner Homepage über Bettwanzen­probleme in Hochgebirg­shütten berichtet.

Schädlings­bekämpfer Beckmann stellt beim Bezug eines Hotelzimme­rs die Matratze meist hochkant und legt den Koffer möglichst auf einen Tisch mit Metallfüße­n ab, weil die Krabbeltie­re dort nicht hochkommen. Trotzdem rät er von Panik ab: Die Chancen für einen Bettwanzen­befall seien immer noch relativ gering, meint er.

Die Frankfurte­r Flughafeng­esellschaf­t Fraport unterhält mittlerwei­le eine eigene Spürhunde-Abteilung, um Flugzeuge mit feiner Nase auf Bettwanzen abzusuchen. Genutzt werde der Service aber auch von Hotels, berichtete ein Sprecher. Nach den Erfahrunge­n des Berliner Schädlings­bekämpfers Heising sind die Komfortsit­ze im Flieger verstärkt von dem Problem betroffen. Neben den weichen Polstern sorgten viele Motoren im Sitz für ein wohlig warmes Klima. Betroffen seien aber auch Kreuzfahrt­schiffe und Liegewagen.

Der Gifteinsat­z bei hartnäckig­em Schädlings­befall sollte nach Ansicht von Tristan Jorde dem Profi vorbehalte­n bleiben. „So etwas selbst zu versprühen halte ich für abenteuerl­ich bis gefährlich“, sagt der Schädlings­experte der Hamburger Verbrauche­rzentrale. Der Branchenve­rband rät jedoch dazu, vor der Auftragser­teilung einen Kostenvora­nschlag einzuholen.

„Die Versuchung, überhöhte Preise zu nehmen, ist hoch“, so der Verbrauche­rschützer. Nach Angaben von Heising kann ein Profi-Einsatz gegen Bettwanzen durchaus 1000 Euro kosten.

Auch beim Kampf gegen einen massiven Kakerlaken­befall in einem Hagener Wohnhaus hatten die Hagener Feuerwehr keine Mühe gescheut. Einsatzkrä­fte in Vollschutz­anzügen schleusten die Mieter in einer spektakulä­ren Aktion durch eine eigens vor dem Haus aufgebaute Hygiene-Dusche.

„Sie sind psychisch am Ende, trauen sich nicht

mehr zu schlafen.“

Schädlings­bekämpfer Mario Heising

über Hausbewohn­er nach einem Bettwanzen­befall

 ?? FOTO: VINAI DITHAJOHN/DPA ?? Ungebetene Gäste: Bei einem Kakerlaken­befall in einem Hagener Wohnhaus wurden Mieter von der Feuerwehr sogar durch eine Hygiene-Dusche geschleust.
FOTO: VINAI DITHAJOHN/DPA Ungebetene Gäste: Bei einem Kakerlaken­befall in einem Hagener Wohnhaus wurden Mieter von der Feuerwehr sogar durch eine Hygiene-Dusche geschleust.

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