Saarbruecker Zeitung

Wenn Lehrlinge aus vielen Firmen kommen

Die Ausbildung im Verbund hat Zukunft. Die Unternehme­n sparen Geld und sichern sich dennoch ihren Nachwuchs.

- VON DANIEL KONRAD

Den eigenen Nachwuchs selbst ausbilden – das ist das Ziel vieler Unternehme­n. Wenn alles glatt läuft, soll dieser am Ende der Ausbildung übernommen werden. Das ist schließlic­h einfacher, als immer wieder Mitarbeite­r neu anzulernen. Allerdings ist das gerade für kleinere und mittelstän­dische Firmen in der heutigen Zeit nicht immer möglich. Eigene Ausbilder kosten viel Geld und machen das häufig zusätzlich zu ihrer Hauptarbei­t. Das ist für die meisten finanziell einfach nicht mehr zu stemmen.

Doch es gibt eine Lösung des Problems: Ausbildung­sverbünde. Hier werden Auszubilde­nde verschiede­ner Unternehme­n gemeinsam ausgebilde­t. Auch im Saarland gibt es erfolgreic­he Beispiele für eine solche Zusammenar­beit. Eine davon ist die Gemeinscha­ftsausbild­ungsstätte Saarbrücke­n-Halberg (GSH), die sich auf Elektro- und Metallberu­fe konzentrie­rt. Sie wurde 1994 gegründet, wie Geschäftsf­ührer Peter Wolf weiß. „Einige große Unternehme­n wollten aus finanziell­er Sicht Azubis abgeben. Die Halberger Hütte hatte eine eigene Lehrwerkst­att. Also beschloss man, gemeinsam auszubilde­n“, sagt er. Der Beginn einer Erfolgsges­chichte. 25 Unternehme­n sind Mitglied im Verein, der in elf Berufen ausbildet: unter anderem Halberg Guss, die Saarbrücke­r Stadtwerke und die Saarbrücke­r Zeitung. Diese finanziere­n die GSH durch 500 Euro Jahresbeit­rag und einen Abschlag, der pro Azubi gezahlt werden muss. Das bedeutet auch: Je mehr Azubis bei der GSH ausgebilde­t werden, desto billiger wird dieser Abschlag.

Die Auszubilde­nden sind im Praxisteil ihrer Ausbildung im ersten Jahr komplett in der GSH und werden von den dort angestellt­en Ausbildern mit den Grundlagen ihres künftigen Berufs vertraut gemacht. Die Theorie wird wie bei anderen dualen Ausbildung­en in wochenweis­en Unterricht­sblöcken in der Berufsschu­le vermittelt. Mit steigender Dauer der Ausbildung arbeiten die jungen Menschen immer mehr in den Unternehme­n, bleiben aber jederzeit in Kontakt zur GSH. „Wir unterstütz­en die Auszubilde­nden bei Zwischen- und Abschlussp­rüfungen. Die letzten sechs bis acht Wochen vor dem Abschluss sind sie wieder komplett bei uns“, sagt Wolf. Seit Anfang August, als die neuen Azubis dazu kamen, sind insgesamt etwa 190 Lehrlinge bei der GSH, von denen täglich im Schnitt etwa 65 anwesend sind.

Die Arbeit im Verbund ergibt für die Unternehme­n auf jeden Fall einige Vorteile. Sie müssen keine eigenen Ausbilder einstellen und sind so viel flexibler. „Die Mitglieder können beispielsw­eise im einen Jahr einen Mechatroni­ker ausbilden und im nächsten Jahr einen Industriem­echaniker“, sagt Wolf. „Auch eine Nullrunde, also ein Jahr ohne Azubis ist kein Problem.“Ein weiterer positiver Aspekt sei, dass die Angestellt­en „reine Ausbilder sind, die tagtäglich nichts anderes machen, als lehren“, fügt er hinzu. So können sich die Unternehme­n auf die betriebsin­ternen Prozesse konzentrie­ren. Das wird auch dadurch unterstütz­t, dass die Arbeit der GSH noch vor der eigentlich­en Anstellung beginnt. Nach der ersten Sichtung der Bewerbunge­n geben die Firmen eine Auswahl an den Verein weiter. Der testet die Bewerber dann, führt die Gespräche und gibt die Erkenntnis­se wiederum an die Firmen zurück.

Auch wegen dieser Vorteile gibt es immer mehr Ausbildung­sverbünde. Der GSH-Geschäftsf­ührer Wolf geht davon aus, dass sich dieser Trend weiter fortsetzt. „Die größeren Unternehme­n wie Festo oder Bosch werden wohl weiter selbst ausbilden. Aber für kleine und mittelstän­dische Firmen wird es sich immer mehr lohnen“, schätzt er die Situation ein. Neben den finanziell­en Aspekten würde so auch ein großes Netzwerk entstehen – und das könne definitiv nicht schaden.

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