Ein Hingucker für viele Passanten
Nach der eher braven Street 750 legt die Kultmarke HarleyDavidson nun ein standesgemäßes Einstiegsmodell nach: die coole Street Rod.
Von einer Harley erwarten viele Motorradfahrer keine Rekordwerte, sondern vor allem eines: Cool soll sie sein. Damit das auch für Einsteiger der Fall ist, hat die US-Kultmarke ihr Basismodell Street 750 ordentlich aufgepeppt. Street Rod heißt das neue heiße Eisen für Harley-Novizen.
Eine schärfere Optik und fast 20 Prozent mehr Leistung des „High Output Revolution X“-Zweizylinders schrauben die Power hoch auf 71 PS/52 kW und erhöhen das Image der in Indien gefertigten 750er-Harley deutlich.
Street Rod ist eine Anlehnung an Hot Rods, getunte US-Fahrzeuge auf zwei und vier Rädern. Eine gewisse Verpflichtung rührt nicht nur daher, sondern auch vom Namensvetter Harley-Davidson VRSCR Street Rod. Die hatte 2005 stolze 121 PS und heizte der Konkurrenz mächtig ein – mit impulsiver Leistungsentfaltung sowie für HarleyModelle ungewöhnlicher Schräglagenfreiheit und Agilität.
Die Street Rod 2017 kann nicht mit dem Urahn mithalten, trotzdem rechtfertigt ihr Gesamtauftritt die wohlklingende Namensgebung und die knapp 1000 Euro Aufpreis im Vergleich zur Street 750, der bisherigen, recht ungeliebten Einstiegs-Harley. Auf der Haben-Seite bietet die Street Rod einen wirklich coolen Look. Eine zierliche Lampenmaske gehört ebenso dazu wie ein gerader Lenker, an den Lenkerenden befestigte Rückspiegel, ein kleines Zentralinstrument mit Chromumrandung, orange hintere Federbeine mit gut 30 Prozent mehr Federweg, geschmiedete Schalt- und Brems-Fußhebel, eine stark konturierte Sitzbank sowie zahlreiche mattschwarze Akzente – allen voran die wohlklingende Auspuffanlage, die einen satten, markentypischen V2-Sound ins Freie entlässt. Bereits mit Serien-Auspuff klingt die 750er-Harley wie eine ihrer hubraumstärkeren und teureren Markenschwestern.
Tatsächlich hat die Street Rod mit dem 749-ccm-V2 im Vergleich zur Street 750 deutlich zugelegt. Sie bietet nicht nur mehr Leistung, sondern auch acht Prozent mehr Drehmoment. Die nunmehr 65 statt 58 Nm liegen bereits bei 4000 U/min an, sodass man in der Fahrpraxis kaum ans ungewöhnlich hohe Drehzahl-Limit von 9000 U/min stößt. Im Gegenteil, ausgesprochen schaltfaul kann man mit der Street Rod dahingleiten, was über das leicht hakelige Getriebe hinwegtröstet.
Allerdings ist die Ergonomie der neuen Harley-Davidson Street Rod eigenwillig. Der Oberkörper thront cruiserhaft entspannt über dem Bike, die Hände haben über den breiten Lenker alles locker im Griff. Die Beine dagegen sind wie bei einem Sport-Bike stark angewinkelt, denn die Fußrasten liegen jetzt höher und weiter hinten. Deshalb genießt der Street-Rod-Reiter zwar eine gute Schräglagenfreiheit, aber der Komfort leidet darunter. Die Fußhaltung will zunächst nicht zur Haltung des Oberkörpers passen.
Doch wie alle guten Motorräder überzeugt auch Harleys gehobenes Einstiegsmodell nach einer Weile durch seine Gesamtqualität. Daran ändern auch Kleinigkeiten nichts wie zum Beispiel ein etwas zu hoch platzierter Blinker-Druckknopf.
Allmählich gewöhnt man sich also vor allem angesichts der Vorzüge des souveränen Motors und seines Sounds an die ungewöhnliche Körperhaltung auf der Street Rod. Außerdem macht sich erhebliches Wohlbefinden breit wegen der gefälligen Optik. Nach der Street Rod drehen sich überraschend viele Passanten um. Da hat sie im Vergleich zur unauffälligeren Street 750 deutlich die Nase, besser gesagt die zierliche Lampenmaske vorne.
Harley-Davidson verlangt bei diesem neuen Modell mehr Euro pro PS als so einige Konkurrenten für vergleichbare Modelle. Wenn man allerdings die beim Motorrad vor allem entscheidenden Emotionen mit einbezieht, dann hat die Street Rod sehr gute Aussichten, sich als coole Einstiegs-Harley zu etablieren.