Verheerende Zustände in Libyens Lagern
HAMBURG (afp) EU-Diplomaten haben laut einem Bericht die Verhältnisse in den libyschen Flüchtlingslagern beklagt. „Der Zustand bestätigt die Erwartungen – schlechte sanitäre Verhältnisse, vom Platz her und der Hygiene ungeeignet, über tausend Flüchtlinge in Haft zu halten“, zitiert das Magazin „Spiegel“einen vertraulichen Bericht der EU-Delegation nach ihrer Visite im Flüchtlingslager Tarek Al-Sika im April.
Die Lebensbedingungen seien äußerst karg – „und die kleine Stelle zur Arzneimittelausgabe ist ein trauriger Anblick“, heißt es weiter. Die EU-Diplomaten protokollierten auch Gespräche mit Flüchtlingen, von denen viele seit Monaten oder sogar länger als ein Jahr dort eingesperrt seien. Die Migranten berichteten demnach über Misshandlungen während ihrer Reise nach Nordafrika. Viele hätten ihre wenigen Habseligkeiten auf dem Weg nach Libyen verloren.
In inoffiziellen Lagern würden manche Flüchtlinge oft so lange festgehalten, bis sie Lösegeld zahlten. „Migranten werden offenbar manchmal sogar zwischen den Lagern hin und her verkauft“, heißt es laut „Spiegel“in dem EU-Bericht.
Deutsche Diplomaten hatten Anfang des Jahres laut „Welt am Sonntag“von „KZ-ähnlichen“Verhältnissen in libyschen Lagern berichtet, in denen Schlepper ausreisewillige Migranten häufig gefangen halten. Der UN-Sondergesandte Martin Kobler bezeichnete die Zustände in den libyschen Flüchtlingslagern im Februar als „furchtbar, entsetzlich, grauenhaft“.
Libyen ist eines der Haupttransitländer für Flüchtlinge aus Afrika auf ihrem Weg nach Europa. Das Land wird in weiten Teilen von bewaffneten Milizen kontrolliert, obwohl im vergangenen Jahr ein Versuch gestartet wurde, eine Einheitsregierung zu bilden. Forderungen nach der Einrichtung von Auffanglagern für Flüchtlinge in Libyen stoßen daher auf heftige Kritik.
Unterdessen hat die libysche Küstenwache innerhalb weniger Tage mehr als 1000 Migranten von Holzund Gummibooten im Mittelmeer gerettet und zurück in das Bürgerkriegsland gebracht. Seit Freitag seien insgesamt 1124 Menschen in den Hoheitsgewässern gerettet worden, teilte die Internationale Organisation für Migration gestern mit. Gestern morgen wurden 155 Menschen, darunter 18 Frauen und zehn Kinder, nahe der Hauptstadt Tripolis ausfindig gemacht. Italienischen Medienberichten zufolge kommen die Geretteten aus verschiedenen Ländern Afrikas. Italien hatte in der vergangenen Woche den Weg für einen Einsatz der Marine freigemacht, der die libysche Küstenwache in der Bekämpfung von Menschenschmuggel nach Europa unterstützen soll.