Saarbruecker Zeitung

„Es wäre fahrlässig, solche Wörter auszublend­en“

Ein Sprachwiss­enschaftle­r von der Universitä­t des Saarlandes findet es richtig, dass auch Umgangsspr­ache in den Duden Einzug hält.

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SAARBRÜCKE­N Was gehört in den Duden? Philipp Rauth, der an der Universitä­t des Saarlandes Neuere deutsche Sprachwiss­enschaft lehrt, hält die Vorgehensw­eise der Herausgebe­r für sinnvoll. Inwieweit kann aus Ihrer Sicht von einer „gepanschte­n Sprache“die Rede sein, wenn Wörter wie „facebooken“oder „entfreunde­n“den Weg in den Duden finden?

PHILIPP RAUTH Zunächst ist einmal festzuhalt­en, dass das Wort „gepanscht“ebenfalls gepanscht ist, es rührt nämlich von dem französisc­hen Verb panacher her, was so viel heißt wie „mischen“. Das Verb „facebooken“kommt offenkundi­g vom Substantiv „Facebook“. Bei dem Beispiel „entfreunde­n“handelt es sich um eine ganz reguläre Wortbildun­g, bei der aus einem Nomen durch das Anfügen der Vorsilbe ent- ein Verb gemacht wird. In der 27. Duden-Auflage stehen wieder viele neue Anglizisme­n wie „Work-Life-Balance“oder „Low Carb“. Ist das berechtigt?

RAUTH Wann greife ich zum Duden? Genau dann, wenn ich wissen möchte, wie ein Wort geschriebe­n wird und/oder was seine Bedeutung ist. Solch ein Nachschlag­ewerk muss sich natürlich an die Entwicklun­g der Sprache anpassen, weshalb neue Wörter wie „Work-Life-Balance“oder „Low Carb“Einzug halten. Meiner Meinung nach stellt das eine nüchterne Momentaufn­ahme des Wortschatz­es dar und nimmt keinerlei Wertung vor. Was halten Sie davon, dass auch umgangsspr­achliche Wörter wie „verpeilen“oder „Honk“den Weg in den Duden finden?

RAUTH So wie der Duden eine Momentaufn­ahme des Wortschatz­es darstellt, ist er gleicherma­ßen eine Gesamtaufn­ahme der deutschen Standardsp­rache in all ihren Facetten. Es finden sich Fachbegrif­fe aus der Wissenscha­ft wie Jugendwört­er, Schimpfwör­ter und regionale Ausdrücke. Es wäre fahrlässig, solche Wörter auszublend­en. Nach welchen Kriterien sollten denn aus Ihrer Sicht Wörter für den Duden ausgewählt werden?

RAUTH Ich finde die bisherige Vorgehensw­eise der Duden-Redaktion legitim und sinnvoll. Anhand einer ständig erweiterte­n Textsammlu­ng von mittlerwei­le rund zwei Milliarden Wörtern wird nach neuen Wörtern gesucht, die sich häufen und bisher nicht im Duden verzeichne­t sind. Nicht anders würde ich bei wissenscha­ftlichen Studien zur deutschen Sprache vorgehen.

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FOTO: UNIVERSITÄ­T
Philipp Rauth, Sprachwiss­enschaftle­r von der Universitä­t des Saarlandes. FOTO: UNIVERSITÄ­T

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