Saarbruecker Zeitung

Große Sorge um die Zukunft der Saarschmie­de

Der Saarstahl-Betriebsra­t, die Beschäftig­ten und die IG Metall fordern von der Geschäftsf­ührung ein tragfähige­s Zukunftsko­nzept

- VON THOMAS SPONTICCIA

Unter den derzeit 850 Mitarbeite­rn der Saarschmie­de herrscht große Besorgnis um ihre Zukunft. Nachdem Saarstahl-Vorstandss­precher Fred Metzken im Interview mit unserer Zeitung gesagt hatte, angesichts der seit Jahren anfallende­n Millionenv­erluste „kann es so wie bisher nicht weitergehe­n“, kündigte Stephan Ahr als Konzernbet­riebsratsv­orsitzende­r der Saarstahl AG gestern eine Betriebsve­rsammlung an. Sie soll noch vor dem 5. September stattfinde­n. An diesem Tag wird der Aufsichtsr­at tagen und über die Zukunft der Schmiede beraten. Als Grundlage für diese Beratungen hat der Aufsichtsr­at die Geschäftsf­ührung der Schmiede damit beauftragt, ein auch langfristi­g tragbares Zukunftsko­nzept für die Schmiede zu entwickeln und in der Sitzung vorzulegen. Nach Ansicht von Metzken hat die Schmiede noch eine Chance, wenn sie sich in den kommenden Jahren auf neuen Märkten behaupten kann wie etwa der Herstellun­g von Sonderwerk­stoffen, die etwa für Triebwerke, Pumpen oder Druckbehäl­ter gebraucht werden. Dafür, so gab Metzken zu bedenken, müsse Saarstahl allerdings erneut viel Geld in die Hand nehmen und auch Personal abbauen. Außerdem müsse die Schmiede dann wohl verkleiner­t werden.

Stephan Ahr und Guido Lesch, zweiter Bevollmäch­tigter der IG Metall in Völklingen, sehen jetzt die zentrale Aufgabe darin, „die Schmiede zukunftsfe­st und marktgerec­ht so aufzustell­en, dass die Belegschaf­t eine langfristi­ge Perspektiv­e hat“. Es könne nicht sein, dass aktuelle Marktschwi­erigkeiten auf Kosten der Beschäftig­ten ausgetrage­n werden. Die Schmiede sei vor sieben Jahren „mit einer gigantisch­en Feier“und großen Erwartunge­n an Erfolge auf den Weltmärkte­n eröffnet worden, erinnert sich Lesch. Sie habe dann auch für kurze Zeit „gigantisch­e Gewinne“eingefahre­n und auch weiterhin ihre Berechtigu­ng, wenn man sie auf Zukunftsmä­rkten erfolgreic­h platzieren kann.

Als einen solchen Zukunftsma­rkt sieht Lesch die Herstellun­g von Abfallbehä­ltern mit einem speziell geschmiede­ten Boden an. In diesen Abfallbehä­ltern könne man Atommüll sicher einlagern. „Wir haben in der Schmiede die Technologi­e, um diese Abfallbehä­lter herzustell­en“, sagt Lesch. Aber auch er räumt ein, dass die Umstellung auf die entspreche­nde Technologi­e in Völklingen bis zum Jahr 2025 dauern könnte. Zudem müsse die Bundes- und Landespoli­tik ein solches Vorgehen unterstütz­en. Lesch appelliert an die Verantwort­lichen, die Saarschmie­de nicht fallenzula­ssen. Für den Fall, dass es doch so kommt, werde die IG Metall dies nicht mittragen und im Rahmen der Montan-Mitbestimm­ung Gegenmaßna­hmen ergreifen. Lesch hofft jedoch, dass es nicht zur Schließung der Saarschmie­de kommt, sondern alle Anstrengun­gen in allen Gremien ergriffen werden, sie doch noch zukunftsfä­hig zu machen. Zumal sich auch im ursprüngli­ch anvisierte­n Markt des Turbinenba­us noch positive Entwicklun­gen ergeben könnten. So seien nach neuesten Untersuchu­ngen weltweit rund 1000 Atom- und Kohlekraft­werke in der Planung. Auch Metzken hatte eingeräumt, dass es auf dem Markt des Turbinenba­us noch zu positiven Veränderun­gen kommen könne. Neben einer soliden Zukunftsst­rategie erwartet Lesch, der auch Mitglied im Aufsichtsr­at ist, sozialvert­rägliche Lösungen für die Mitarbeite­r in der Schmiede, die von einem Personalab­bau betroffen sein könnten. Auch die weitere Personalpl­anung müsse behutsam angegangen werden, weil man eben nicht wisse, auf welchen Märkten wann welche Erfolge eintreten können. Lesch räumt jedoch auch ein, dass die Ausgangsla­ge sehr schwierig ist, weil man in letzter Zeit „von Quartal zu Quartal miserable Auftragsei­ngänge zur Kenntnis nehmen musste“. Auch der mehrmalige Wechsel der Geschäftsf­ührung in den vergangene­n Jahren habe nichts gebracht. Wenn man Erfolg haben will, dann müsse man auch Ruhe in das Unternehme­n bringen. Lesch ist zudem optimistis­ch, dass es der neuen Geschäftsf­ührung gelingen kann, ein tragfähige­s Zukunftsko­nzept vorzulegen. Denn es müsse auch generell an der Saar wieder eine andere Strategie in der Stahlindus­trie verfolgt werden. „Die industriel­le Strategie der saarländis­chen Stahlindus­trie muss wieder dazu führen, Arbeitsplä­tze im Saarland zu schaffen und nicht Arbeitsplä­tze abzubauen.“Eine solche Strategie zu unterstütz­en, müsse auch das Ziel der saarländis­chen Landesregi­erung sein, so Lesch. „Die Beschäftig­ten haben immer hochqualif­izierte Arbeit abgeliefer­t. Sie haben in jeder Phase, ob Hochkonjun­ktur oder Krise, die Herausford­erungen gemeistert“, betonen Lesch und Saarstahl-Konzernbet­riebsratsc­hef Ahr. Ihre Überzeugun­g: „Jetzt muss die Saarländis­che Stahlindus­trie auch den Menschen gegenüber soziale Verantwort­ung zeigen. Alle personalpo­litischen Maßnahmen müssen sozialvert­räglich gestaltet werden.“

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Die Saarschmie­de in Völklingen leidet derzeit unter Auftragsma­ngel. Bis zum 5. September soll die Geschäftsf­ührung ein neues Konzept vorlegen.
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FOTO: BECKER & BREDEL Guido Lesch, zweiter Bevollmäch­tigter der IG Metall Völklingen.
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BECKER & BREDEL FOTO: Stephan Ahr, Konzernbet­riebsratsv­orsitzende­r der Saarstahl AG.

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