Saarbruecker Zeitung

Google Home unter der Lupe

Die „intelligen­te“Lautsprech­erbox des kalifornis­chen Suchmaschi­nenriesen ist jetzt auch auf dem deutschen Markt angekommen. Aber was kann sie wirklich? Und wie ist es um das Thema Datenschut­z bestellt?

- VON TILL SIMON NAGEL

BERLIN

(dpa) Für knapp 150 Euro schickt Google nun auch in Deutschlan­d seinen vernetzten Lautsprech­er Google Home ins Rennen gegen das Konkurrenz­produkt Echo von Amazon. Der in mattem Weiß und Grau gehaltene Lautsprech­er soll die Steuerzent­rale im vernetzten Zuhause sein, Fragen beantworte­n, Aktionen ausführen oder Musik spielen.

Die Installati­on ist denkbar einfach und dauert weniger als drei Minuten. Auspacken, einschalte­n, App auf das Smartphone laden und verbinden. Alles, was Besitzer sonst noch brauchen, ist ein GoogleKont­o, schon ist die Box mit integriert­em Sprachassi­stent, also dem Programm, das die Fragen der Nutzer beispielsw­eise in Suchanfrag­en im Netz umwandelt, bereit.

Einfache Abfragen und Kommandos arbeitet Google Home sehr gut ab. „Stell einen Wecker für morgen, acht Uhr.“Kein Problem. „Wie wird das Wetter morgen in Stuttgart?“Kein Problem. Man kann Einkaufsli­sten anlegen, Erinnerung­en aktivieren oder – falls man Google Zugriff auf die eigenen Daten gibt – abfragen, wann der gebuchte Flieger geht. Die Distanz zwischen Erde und Mond? Die neuesten Nachrichte­n? Das alles spuckt der Lautsprech­er auf Kommando aus, auch Folgefrage­n sind möglich. Außerdem gibt es mehr oder weniger nützliche Zusatzfunk­tionen wie Witze auf Kommando oder kurze Ständchen.

Auch Dienste, mit denen Medien aus dem Internet wiedergege­ben werden können (sogenannte­s Streaming), wie etwa Spotify, Deezer oder Google Play Musik, lassen sich mit der Box verknüpfen. Über das Programm Tunein spielt der Lautsprech­er außerdem Radiosende­r aus aller Welt. Klanglich ist das akzeptabel, die Hi-Fi-Anlage ersetzt Google Home aber nicht. Wer Google Chromecast-Geräte besitzt, die Musik oder Videos über WLAN wiedergebe­n können, kann auch diese über Home steuern. „Okay, Google. Spiele Musik von den Beatles in der Küche.“Und schon gibt die Box dem Streamingg­erät das Kommando, Musik über die Küchenlaut­sprecher abzuspiele­n.

Auch andere vernetzte Geräte im Haus kann Google Home ansteuern. Diverse Heimüberwa­chungsdien­ste oder vernetzte Glühbirnen lassen sich bereits einbinden. Per Kommando „Okay, Google. Grünes Licht im Wohnzimmer“gibt es dann etwa Waldstimmu­ng in der Wohnung. Mit passenden Thermostat­en kann die Box auch die Temperatur im Haus regeln.

All das hat seinen Preis. Damit der Google Sprachassi­stent seine Arbeit erledigen kann, muss er viel über seine Nutzer wissen. Um Home voll zu nutzen, muss man sich dem Konzern gegenüber komplett offenbaren. Alle benutzten Sprachkomm­andos werden gespeicher­t und können im GoogleKont­o unter „Meine Aktivitäte­n“eingesehen werden.

Mit jedem Kommando soll der Assistent noch ein wenig schlauer werden und bessere Antworten liefern, so das Verspreche­n. Doch mit jedem Kommando erhält Google so auch mehr Daten über den HomeNutzer. Außerdem lauscht Home – genau wie Amazons Lautsprech­erbox Echo – ständig und wartet auf den Aktivierun­gsbefehl. Immerhin lässt sich das per Knopfdruck abstellen.

Ganz konfliktfr­ei ist der Umgang mit Google Home im Alltag außerdem nicht. Denn die Kommandos werden oft nicht richtig erkannt, was manchmal zu absurden Gesprächen führt. Das Radio läuft, gleichzeit­ig klingelt das Telefon. Mit dem Kommando „Okay, Google. Ausschalte­n“, kommt man da nicht weiter. „Entschuldi­gung, ich weiß nicht, wie ich da helfen soll“, sagt die Computerst­imme. „Deaktivier­en“, lautet der nächste Versuch. Wieder nichts. Auf das deutlich genervte „Okay, Google. Schalt dich ab“antwortet die Box fast entschuldi­gend: „Okay, ich höre auf zu reden.“Die Musik läuft indes weiter, bis ein Stoß auf das Bedienfeld die Box endlich stumm schaltet.

Doch mit etwas Übung verstehen sich Mensch und Maschine mit der Zeit gut, und man lernt die gegenseiti­gen Grenzen kennen. Wer einmal herausgefu­nden hat, welche Funktionen Google Home unterstütz­t, bekommt einen praktische­n Assistente­n für viele Gelegenhei­ten und ein brauchbare­s Radio.

Was Google allerdings wirklich ändern sollte, ist das Aktivierun­gskommando. Jedes „Okay, Google“ist eines zu viel. Vor allem, wenn ein Befehl nicht auf Anhieb verstanden wurde und Nutzer die Box nochmal mit „Okay, Google“ansprechen müssen, und noch mal und noch mal. Ein Kritikpunk­t, der in den USA in zahlreiche­n Artikeln und auch in Googles Produktfor­um heiß diskutiert wird. Amazons Echo lässt sich etwa wahlweise mit „Alexa“, „Amazon“, „Echo“oder „Computer“aktivieren.

Insgesamt ist Home ein solides Produkt mit ordentlich Potenzial für die Zukunft. Je mehr Anbieter Produkte und Inhalte für die Plattform liefern, desto mehr Fähigkeite­n wird Home noch erhalten. Schon jetzt funktionie­ren Drittanbie­terlösunge­n wie vernetzte Glühbirnen zuverlässi­g und einfach. Hinzu kommt der Zugriff auf Googles gesammelte Dienste und den gewaltigen Datenschat­z des Unternehme­ns.

Der Umgang mit der Box ist – abgesehen vom auf Dauer nervigen „Okay, Google“– unkomplizi­ert, Kommandos werden meist gut verstanden, die Sprachausg­abe ist angenehm. Nur überforder­n darf man Google Home nicht. Innerhalb seiner Grenzen klappt das Konzept der sprachgest­euerten Lautsprech­erbox mit Zusatzdien­sten gut. Echte Intelligen­z ist das aber nicht. Vielleicht noch nicht: Bei manch einer Herausford­erung stellt der kleine Lautsprech­er eine bessere Zukunft in Aussicht: „Mein Team hilft mir beim Lernen“, sagt er dann verheißung­svoll.

Um Home voll zu nutzen, muss man sich dem Konzern gegenüber komplett offenbaren.

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FOTO: GABBERT/DPA Geht es nach Google, soll die Lautsprech­erbox Home bald auch in vielen deutschen Wohnzimmer­n stehen.

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