Saarbruecker Zeitung

Mehr Bürgernähe auf zwei Rädern

In Freiburg sind Polizisten neuerdings mit Elektro-Rollern unterwegs. Im Saarland gab es ein solches Projekt bereits vor zehn Jahren.

- VON KHANG NGUYEN UND GERRIT DAUELSBERG

(dpa/SZ) Mit einigem Tempo düsen Janka Schmidt (29) und Matthias Engler (48) auf ihren Segways über den Platz der Alten Synagoge in Freiburg. „Man gewöhnt sich sehr schnell daran“, sagt die Polizistin, während sie ihre Runden dreht. Die beiden schwarzen Elektro-Roller sind mit Klingel, Frontlicht und Reflektore­n ausgestatt­et, Polizeiabz­eichen findet man nicht. Nach Hersteller­angaben erreichen sie ein Tempo bis zu 20 Stundenkil­ometer.

Während der gestrigen Vorführung haben Passanten viele Fragen an die Polizisten. Einer möchte wissen, wie man das Gleichgewi­cht auf den Stehroller­n hält. Der Kontakt zu den Bürgern ist eines der Ziele, die sich die Polizei mit dem Projekt gesetzt hat. Zwei Monate lang sollen die beiden angemietet­en Geräte getestet werden.

Dabei soll auch erprobt werden, wie sich das subjektive Sicherheit­sgefühl der Bürger durch mehr Polizeiprä­senz stärken lässt. Dieses war im vorigen Jahr massiv gestört worden, unter anderem nach sexuellen Übergriffe­n auf zwei Frauen. Mit den Segways solle die Lücke zwischen Fuß- und Fahrzeugst­reife geschlosse­n werden, sagt Polizeidir­ektor Berthold Fingerlin. Für die Verfolgung von Straftäter­n seien sie aber nur bedingt geeignet.

Andernorts gehören die Segways bereits zum Alltag. Die Saar-Polizei hat sie vor mehr als zehn Jahren in einem Pilotproje­kt getestet – und zwar in Saarbrücke­n und Neunkirche­n. Zwischen Mitte 2005 und Anfang 2006 ging es allerdings vor allem um allgemeine Aspekte der Verkehrssi­cherheit von Segways, wie Polizeispr­echer Georg Himbert auf SZ-Nachfrage mitteilte. Die Frage, inwieweit die Fahrzeuge für Polizeiein­sätze geeignet sind, sei eher „ein Abfallprod­ukt“gewesen. Allerdings habe man dabei sehr gute Erfahrunge­n gemacht, betonte Himbert: „Ein Vorteil ist, dass die Beamten bei größeren Veranstalt­ungen nicht kilometerw­eit laufen müssen.“Auch die Sichtbarke­it der Polizisten sei erhöht. „Segways sind ein echter ‚Eyecatcher‘“, sagte Himbert. Dadurch kämen die Beamten mit den Bürgern gut ins Gespräch. Dennoch: Nach dem Pilotproje­kt setzte die Saar-Polizei die Fahrzeuge nicht mehr ein. Aus Kostengrün­den, vermutete Himbert, der für nähere Auskünfte auf das Innenminis­terium verwies. Das konnte dazu gestern am späten Nachmittag nach eigenen Angaben allerdings keine Stellungna­hme mehr abgeben. Nach Himberts Kenntnisst­and ist ein erneuter Einsatz bei der Saar-Polizei derzeit nicht geplant.

Bei der Düsseldorf­er Bundespoli­zei sind sie am Flughafen „vollkommen anerkannte Einsatzmit­tel“. Anders als ein Bahnhof mit Treppen und schmalen Gängen biete sich der Airport dafür an. „Unsere Erfahrunge­n sind super“, sagt ein Sprecher. Auf ihren vier Stehroller­n seien die Beamten besser zu sehen. Ein weiterer Vorteil: Sie sind lautlos – Ladendiebe­n sei das schon zum Verhängnis geworden. In Singapur ist die Polizei bereits seit fast 15 Jahren mit Segways unterwegs.

Doch nicht jeder ist von den Einsatzmög­lichkeiten überzeugt. Die Polizei in Kopenhagen hat die Roller vor einigen Jahren getestet – durchsetze­n konnten sie sich dort aber nicht. Im November 2014 teilte auch die Polizei von ’s-Hertogenbo­sch (Niederland­e) mit, ihre Tests hätten keinen Bedarf für den Segway ergeben. Der Grund: Das Fahrzeug bringe im Vergleich zu Fuß- und Fahrradstr­eifen wenig Mehrwert.

Wie es nach dem Test in Freiburg weitergeht, ist noch offen. Bislang sei in Baden-Württember­g kein Einsatz von Segways geplant, so ein Ministeriu­mssprecher. Man wolle erst schauen, wie sinnvoll die Geräte tatsächlic­h sind.

„Ein Vorteil ist, dass die Beamten bei Veranstalt­ungen nicht kilometerw­eit laufen müssen.“

Georg Himbert

Sprecher der Saar-Polizei

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FOTO: PATRICK SEEGER/DPA Die Polizisten Janka Schmidt und Matthias Engler fahren für mehr Nähe zu den Bürgernauf ihren Segways duch die Freiburger Innenstadt.

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