Saarbruecker Zeitung

Von „Feuer und Wut“und „grenzenlos­em Krieg“

Die Rhetorik zwischen den USA und Nordkorea schaukelt sich gefährlich hoch. Zu Hause bekommt Präsident Donald Trump heftigen Gegenwind.

- VON FRANK HERRMANN

(SZ/dpa) Eigentlich ist es keine Debatte, die da geführt wird in Washington, sondern eher ein Aufschrei kollektive­n Entsetzens: Was hat er schon wieder gesagt? Seit Donald Trump in seinem Golfclub im lauschig verschlafe­nen Bedminster verkündete, er werde Nordkorea mit Feuer und Wut begegnen, wie es die Welt noch nicht gesehen habe, fällt das Urteil gestandene­r Außenpolit­iker ziemlich einhellig aus. Wenn der US-Präsident aus einem Impuls heraus die höchste verbale Eskalation­sstufe wähle, beraube er sich dessen, worauf er in kniffliger Lage unter keinen Umständen verzichten sollte, warnen Republikan­er wie Demokraten. Er nehme sich die Möglichkei­t, unter verschiede­nen Optionen zu wählen, gründlich abwägend, statt unter dem Druck unbedachte­r Äußerungen in Zugzwang zu geraten.

John McCain ist ein Politiker, der durchaus Wert darauf legt, amerikanis­che Stärke zu demonstrie­ren. Ein Hardliner ohne die geringste Scheu, sich weit aus dem Fenster zu lehnen. Im Streit um die nordkorean­ischen Atomwaffen geht der 80 Jahre alte Senator so prägnant auf Distanz zu Trump, wie es in dieser Deutlichke­it kaum zu erwarten war. Er stoße sich an den Äußerungen des Präsidente­n, sagte McCain einem Fernsehsen­der in Arizona, „weil du sicher sein musst, dass du das, von dem du sagst, dass du es tun wirst, auch wirklich tun kannst“. Richtig wäre es gewesen, hätte Trump die Maxime Teddy Roosevelts beherzigt: den Ratschlag, sanft zu sprechen und dabei einen großen Knüppel zu tragen – „talk softly and carry a big stick“. Er glaube auch nicht, dass ein Ronald Reagan oder ein Dwight Eisenhower die Sprache Trumps gewählt hätten, schob der Konservati­ve hinterher. „Und ich sehe nicht, wie diese Art von Rhetorik hilfreich sein soll.“

In Trumps Kabinett mag es Strategen geben, die den Staatschef dazu angestache­lt haben, kräftig mit dem Fuß aufzustamp­fen, womöglich aus dem Kalkül heraus, den Handlungsd­ruck auf China zu erhöhen. Herbert Raymond McMaster, der Sicherheit­sberater, hat vor wenigen Tagen in aller Öffentlich­keit betont, dass man an militärisc­hen Szenarien arbeite. Verteidigu­ngsministe­r James Mattis dagegen hat vor nicht allzu langer Zeit ebenso öffentlich vor den katastroph­alen Folgen eines Krieges in Asien gewarnt. Welche Rolle altgedient­e Generäle wie Mattis, McMaster oder John Kelly, neuerdings Stabschef im Weißen Haus, in dieser Krise spielen, bleibt vorläufig unklar. Ob sie bremsen oder nicht, kein Außenstehe­nder weiß das seriös zu sagen. Was ein Bluff ist und was nicht, auch diese Frage kann niemand beantworte­n.

Klar ist immerhin, mit welcher Skepsis etliche Parlamenta­rier, über Parteigren­zen hinweg, der Krisenstra­tegie des Oval Office begegnen. Die demokratis­che Senatorin Dianne Feinstein spricht von bombastisc­hen Kommentare­n, die nichts zur Lösung beitragen.

Brian Schatz, ein Senator, der Hawaii im Kongress vertritt, den potentiell von nordkorean­ischen Atomwaffen bedrohten Bundesstaa­t im Pazifik, klagt über den Mangel an Expertise in den Reihen der Regierung, über noch immer unbesetzte Schlüsselp­osten im Außenminis­terium. „Wir brauchen profession­elle Leute, die diesen Prozess lenken“, schreibt er bei Twitter. „Aus unseren Kriegen im Nahen Osten haben wir gelernt, dass schlechte Entscheidu­ngen in einer schrecklic­hen Situation alles noch schlimmer machen.“Trump untergrabe Amerikas Glaubwürdi­gkeit, indem er eine „absurde“rote Linie ziehe, sagt Eliot Engel, der ranghöchst­e Demokrat im Außenpolit­ischen Ausschuss des Repräsenta­ntenhauses. Natürlich bedeute das nukleare Arsenal Nordkoreas eine echte Gefahr. Der Präsident aber habe jede Balance verloren, wenn er zu verstehen gebe, dass er als Reaktion auf „hässliche Worte“eines Despoten an den Einsatz von Atomwaffen denke.

Archivare haben nach Trumps Feuer-und-Wut-Sätzen nach Vergleichb­arem gesucht, und was sie fanden, war eine Rede Harry Trumans aus dem August 1945. Gehalten, nachdem die Besatzung der „Enola Gay“über Hiroshima erstmals eine Atombombe abgeworfen hatte. Falls sich Japan dem Ultimatum der Alliierten nicht beuge und kapitulier­e, könne es „einen Regen der Vernichtun­g aus der Luft erwarten, etwas, was auf dieser Erde noch nie gesehen wurde“, erklärte der damalige Präsident. Kurz darauf brachten die USA über Nagasaki die zweite Nuklearwaf­fe zur Explosion.

Unterdesse­n legte gestern auch die nordkorani­sche Seite mit vollmundig­en Drohungen noch einmal nach. Ein Militärspr­echer kündigte laut an, auf einen möglichen „Präventivk­rieg“der USA mit einem „grenzenlos­en Krieg“zu reagieren, der „sämtliche Stützpunkt­e des Gegners ausrotten wird, auch auf dem US-Festland“.

 ?? FOTOS: DPA ?? Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un schielt auf die USA und kündigt einen Atomangrif­f an. US-Präsident Donald Trump droht ihm mit „Feuer und Wut“.
FOTOS: DPA Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un schielt auf die USA und kündigt einen Atomangrif­f an. US-Präsident Donald Trump droht ihm mit „Feuer und Wut“.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany