Saarbruecker Zeitung

Die Union und die „Ehrenamts-Service-Agentur“

Die von der Partei geplante Einrichtun­g soll für Beratung und Entlastung von Bürokratie sorgen — und so mehr Menschen motivieren.

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Alle Parteien haben in ihren Wahlprogra­mmen markante und zum Teil auch ungewöhnli­che Ideen parat, die wir in dieser Serie testen. Heute beschäftig­t sich SZ-Korrespond­ent Hagen Strauß mit der Union, die eine „Ehrenamts-Service-Agentur“errichten will.

Der Name klingt erst einmal sperrig. Doch CDU und CSU wollen das Ehrenamt auf allen Ebenen stärken, weil Menschen damit einen „unersetzli­chen Beitrag“für das Gemeinwohl leisten. Oftmals ist ehrenamtli­che Tätigkeit aber mit ziemlich viel Bürokratie verbunden. Die neue Service-Agentur soll für Entastung und Beratung sorgen – und mehr Menschen motivieren.

Der Haken: Die Union lässt völlig offen, wie die Agentur das konkret leisten soll. Wer wird sie betreiben, wo soll sie ansässig sein, wie wird sie finanziert? Die an sich kluge Idee wird zudem schon oft dort praktizier­t, wo die meisten Ehrenamtli­chen tätig sind – in den Kommunen, in denen sich Menschen in Vereinen, im sozialen Bereich, bei der Feuerwehr, beim THW, den Sanitätsdi­enste oder der DLRG engagieren. Städte und Gemeinden haben ihre eigenen Ehrenamts-Agenturen. Da stellt sich dann die Frage des Zusammensp­iels.

Die Bewertung: Ehrenamtli­che brauchen tatsächlic­h mehr Wertschätz­ung und mehr Unterstütz­ung. Denn immer mehr Organisati­onen wie die Sportverei­ne haben mit massiven Nachwuchss­orgen zu kämpfen. Deutschlan­d wäre arm ohne die freiwillig­e, unbezahlte Tätigkeit. Dann würden sich die unkomplizi­erte Hilfe, das zwischenme­nschliche Miteinande­r und unzählige Freizeitan­gebote wohl auf ein Minimum reduzieren. Das hätte gravierend­e Folgen für die Gesellscha­ft insgesamt. Insofern ist es notwendig, sich Gedanken darüber zu machen, wie das Ehrenamt weiter gestärkt werden kann.

Fazit: Gerd Friedsam, Vizepräsid­ent des Technische­n Hilfswerks, plädiert für eine bundesweit­e Marketings­trategie: „Wir müssen ein Produkt schaffen, ein Dach für die vielen Einzelimag­ekampagnen.“Das könnte der Unions-Vorschlag leisten. Gleichwohl gilt: In den Kommunen weiß man am besten, wie die Bedürfniss­e vor Ort sind. Die vorhandene­n Einrichtun­gen müssten also stärker unterstütz­t werden, statt eine neue zu gründen. Außerdem müssen die Voraussetz­ungen für die Übernahme eines Ehrenamtes klar verbessert werden: So sollte jeder mitmachen können und Engagement nicht am Geldbeutel scheitern. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Anerkennun­g. Bei Würdigung, Wertschätz­ung und Erleichter­ung des Engagement­s ist noch viel Luft nach oben. So könnten zum Beispiel Weiterbild­ungen, die für ein freiwillig­es Engagement benötigt werden, als Bildungsur­laub anerkannt werden. Das alles kostet Geld. Dafür sollte die Union vordringli­ch sorgen.

> Serie wird fortgesetz­t

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