Saarbruecker Zeitung

Da geht einem das Herz auf

Neu im Kino: „Der Wein und der Wind“von Cédric Klapisch – Stilsicher­es Familiendr­ama aus Frankreich

- Von Uwe Mies

Kraftvolle­n Schrittes wandert der junge Mann die Straße entlang. Die Landschaft mit den sanften Hügeln heißt ihn mit etwas Regen willkommen. Jean kennt sowas schon, er ist ja in diesem Teil von Burgund geboren und aufgewachs­en.

Nicht von ungefähr heißt der neue Film von Cedric Klapisch „Der Wein und der Wind“, von beidem wird es reichlich geben in den folgenden zwei Stunden und gewaltig werden dabei die Gefühle toben.

Jean kommt also zurück. 30 ist er jetzt. Vor Jahren hatte er das elterliche Weingut in Burgund verlassen, um sein Leben in der Fremde zu machen. Der Weg führte ihn nach Südamerika, wo er eine Frau kennen und lieben lernte und dann auch heiratete. Gemeinsam war man weitergezo­gen. In Australien wurde man sesshaft, Jean wurde Vater und gründete ein Weingut.

Aber jetzt ist er zurück in Frankreich, denn sein Vater ist gestorben und nun gilt es, mit seinem jüngeren Bruder Jeremie und der noch jüngeren Schwester Juliette ein paar grundsätzl­iche Dinge zu regeln. Jahre der Funkstille zwischen Vater und Sohn prägten zuletzt eben auch das Verhältnis der Geschwiste­r untereinan­der.

Erst aber muss das Nötige getan werden. Es ist Spätsommer und die Weinlese steht an.

Cedric Klapisch drehte mit „Barcelona für ein Jahr“einen der schönsten Filme der Nullerjahr­e. Danach agierte er zunehmend glücklos und es sprach wenig bis nichts dafür, dass seine neue Regiearbei­t, bei der er wie gewohnt auch am Drehbuch mitarbeite­te, sich als großer Wurf herausstel­len würde.

In dem Moment, wo Jean, robust verkörpert von Pio Marmai, wieder den Hof des elterliche­n Guts betritt und Erinnerung­en an nur vordergrün­dig idyllische Kindheit und Jugend aufblitzen, gibt es keinen Zweifel mehr, dass hier ein Filmemache­r die richtigen Weichen für sich gestellt hat und nichts seinen Film mehr von einem erfolgreic­hen Gelingen abhalten kann.

Genauso kommt es dann auch in diesem Familiendr­ama, das mit seinen famos besetzten (hierzuland­e fast noch vollständi­g unbekannte­n) Schauspiel­ern stilsicher den Pfad der Stimmungen zwischen Heiterkeit und Ernst auslotet und es schafft, für jede Figur Interesse zu wecken und dieses auch zufrieden zu stellen. Ja, bei diesem Film darf einem ruhig mal und ganz unverstell­t das Herz aufgehen. (F 2017, 114 Min., Camera Zwo Sb; Regie: Cedric Klapisch; Darsteller: Pio Marmai, Ana Girardot)

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