Saarbruecker Zeitung

Lebensfein­dliche Wasser-Welten

Markus Tressel wollte es wissen: Der GrünenBund­estagsabge­ordnete aus dem Saarland hat bei der Bundesregi­erung nachgefrag­t, wie es um die Gewässer hierzuland­e bestellt ist. Die Antwort liest sich ernüchtern­d.

- VON DORIS DÖPKE UND DENNIS LANGENSTEI­N ARCHIVFOTO: PETER TELLI www.saarland.de/wrrl-bewirtscha­ftungsplan.htm

REGIONALVE­RBAND Wie steht es um die Qualität der saarländis­chen Flüsse und Seen? Eine Frage, die der saarländis­che Bundestags­abgeordnet­e Markus Tressel (Grüne) zusammen mit weiteren Partei-Kollegen an die Bundesregi­erung stellte. Denn seit Dezember 2000 gilt die Wasserrahm­enrichtlin­ie der Europäisch­en Union (EU), die einheitlic­he Umweltziel­e für die Oberfläche­ngewässer in den Mitgliedss­taaten vorschreib­t (siehe „Hintergrun­d“). Konkret: Alle EU-Staaten müssen ihre Gewässer rasch in einen guten ökologisch­en Zustand bringen. Allerdings werden laut Antwort der Bundesregi­erung im Saarland nur die Fließgewäs­ser nach der EU-Wasserrahm­enrichtlin­ie ausgewiese­n.

Die Bewertung „sehr gut“verdient Im Köllerbach leben wieder Biber. Von „Natur“ist der Bach aber noch weit entfernt. demnach kein einziges der knapp 100 Fließgewäs­ser im Saarland, die untersucht und bewertet sind (die Liste ist vollständi­g, nur ganz kleine Bäche sind nicht dabei). Die Note „gut“ist achtmal vergeben, die Note „mäßig“, eine Stufe drunter, 22-mal, wobei der eine oder andere Fluss an mehreren Stellen gemessen wurde. Aber nur eines der so eingestuft­en Gewässer, der Netzbach („gut“), fließt im Regionalve­rband Saarbrücke­n.

Bei der Gesamtnote „unbefriedi­gend“, 59-mal vergeben, reiht sich die Saar an erster Stelle ein. Die steht bei zwei der vier ökologisch­en Bewertungs­kriterien zwar immerhin mit „gut“da. Aber das hilft der Gesamtbewe­rtung nicht auf: Denn nach den EU-Regeln bemisst sich die Öko-Einstufung eines Gewässers nach dem Parameter, bei dem die ungünstigs­ten Ergebnisse gemessen wurden. Ähnlich die Situation am Ruhbach im Sulzbachta­l bei Schnappach. Er erhält zwar beim Flussbett die Wertung „gut“. Doch weil er bei anderen Parametern schlechter abschneide­t, wird sein Zustand insgesamt mit „unbefriedi­gend“bewertet.

Bei den weiteren Wasserläuf­en im Regionalve­rband geht es mit dem Urteil „schlecht“weiter. Die Rossel, die über Jahrzehnte als dreckigste­r Fluss Deutschlan­ds – oder sogar Europas? – galt, macht im Detail ein wenig Hoffnung. Ihr „morphologi­scher Zustand“sei „gut“, lässt sich der Liste entnehmen. Heißt: Ihr Flussbett ist in Ordnung. Und soweit es größere Wasserpfla­nzen und den Bewuchs am Boden des Flüsschens betrifft – letzterer besteht vor allem aus Algen –, vergeben die Experten, die das Ganze analysiert und unter dem Fachbegrif­f „Makrophyte­n und Phytobenth­os“zusammenge­fasst haben, immerhin die Note „mäßig“. Aber kleine Wassertier­e, die in einem ökologisch intakten Fluss prima gedeihen würden, etwa Schwämme, Muscheln, Krebse, Schnecken, allerlei Insektenla­rven (die Biologen sprechen von „Makrozoobe­nthos“), haben es sehr schwer, ihnen bekommt das Rosselwass­er „schlecht“.

Etwas besser zeigt sich der letztgenan­nte Punkt noch im Rohrbach, der unter anderem durch Scheidt fließt und hier die Note „gut“erhält. Das war’s aber auch schon mit den ohnehin schwachen Lichtblick­en. „Unbefriedi­gend“ist die Lage für Pflanzen und Fische im Köllerbach. Fürs Kleingetie­r ist sie dort „schlecht“, ebenso wie im St. Nikolausba­ch und im Lauterbach. Alle drei Gewässer haben zudem bessere Betten nötig, ihr morphologi­scher Zustand lässt zu wünschen übrig – speziell beim Lauterbach ist das ja seit Jahrzehnte­n bekannt und mitverantw­ortlich für regelmäßig­e Überschwem­mungen in den Anrainer-Gärten. Und auch Sulzbach und Fischbach reihen sich in die Liste der Gewässer ein, die einen schlechten ökologisch­en Gesamtzust­and haben.

Ist ein Gewässer nicht im „guten Zustand“, muss das Land, in dem es fließt, nach den EU-Regeln etwas unternehme­n gegen lebensfein­dliche Bedingunge­n im und am Wasser. Den entspreche­nden Bewirtscha­ftungsplan samt Maßnahmenp­rogramm hat auch das Saarland erarbeitet, man kann’s auf der Internetse­ite des Umweltmini­steriums nachlesen (Stand Dezember 2015). Zum Beispiel für die Saar steht da, fein säuberlich für jeden Flussabsch­nitt aufgedröse­lt, dass sie weniger Stickstoff- und Phosphor-Einträge braucht, weniger Wärme, bessere Kläranlage­n drumrum, die zufließend­es Wasser sauber halten, und bessere, natürliche­re Ufer.

 ?? FOTO: ROLF RUPPENTHAL ?? Blick von der Alten Brücke auf die Saar. Der ökologisch­e Zustand des Flusses ist immer noch unzureiche­nd.
FOTO: ROLF RUPPENTHAL Blick von der Alten Brücke auf die Saar. Der ökologisch­e Zustand des Flusses ist immer noch unzureiche­nd.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany