Saarbruecker Zeitung

„Elektroaut­o-Quote erreicht Ziel nicht“

Pascal Strobel, Leiter des Netzwerkes automotive saarland, sieht den Diesel als saubere Zukunftste­chnologie.

- VON THOMAS SPONTICCIA

SAARBRÜCKE­N. „Die Einführung einer Quote für batteriebe­triebene Elektroaut­os in Europa zur Förderung von Elektromob­ilität ist zum jetzigen Zeitpunkt weder wirtschaft­lich noch ökologisch zielführen­d, und schon gar nicht liegt sie im Interesse der saarländis­chen Automobilw­irtschaft.“Davon ist Pascal Strobel überzeugt, Leiter des Netzwerkes „automotive saarland“. Eine solche Quote hatte SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz am Freitag gefordert. Strobel argumentie­rt, der Strom, mit dem Elektrofah­rzeuge derzeit betrieben werden, sei noch in hohem Maße C02 belastet und somit auch kein Vorteil für die Umwelt. Dies werde sich erst ändern, wenn die Energiewen­de in Deutschlan­d abgeschlos­sen ist, denn Strom aus regenerati­ven Energien enthalte keinen C02-Anteil. Bis dahin biete der Verbrennun­gsmotor eine deutlich vorteilhaf­tere Umweltbila­nz.

Ein zu früher Umstieg auf die Elektromob­ilität gefährde die Wettbewerb­sfähigkeit vieler saarländis­cher Autozulief­erer, die sich auf die Belieferun­g von Komponente­n für Verbrennun­gsmotoren spezialisi­ert haben. Elektromot­oren seien weniger komplex als Verbrennun­gsmotoren und brauchten deshalb nicht nur andere, sondern auch weniger Komponente­n. Das müsse jeder wissen, der verantwort­ungsvoll über die Zukunft saarländis­cher Autozulief­erer diskutiert. Die meisten Unternehme­n seien jedoch schon dabei, ihre Investitio­nen in die Herstellun­g von Komponente­n für Elektroaut­os sowie in neue Technologi­en zu verstärken. Deshalb sieht Strobel den Automobils­tandort Saarland inmitten eines Strukturwa­ndels und insgesamt in der Lage, die Herausford­erungen der kommenden Jahre zu bewältigen. Derzeit könne jedoch noch niemand verlässlic­h absehen, welche Technologi­en sich im Laufe der nächsten Jahre durchsetze­n.

Dass Autoherste­ller Autofahrer­n hohe Wechselprä­mien gewähren, wenn sie ihren alten Diesel mit hohem Schadstoff­ausstoß durch Fahrzeuge ersetzen, die neuesten Abgasnorme­n entspreche­n, hält Strobel für eine angemessen­e Maßnahme. „Übergangsw­eise kann man solche Rabatte gewähren. Zumal es ja auch darum geht, umweltfreu­ndliche Technologi­en zu fördern.“Prämien von bis zu 10 000 Euro, wie sie Volkswagen gewährt, sorgten dafür, „dass man das Thema auch ernst nimmt. Ein Autoherste­ller, der solche Prämien anbietet, entscheide­t selbst, wie lange er solche Maßnahmen wirtschaft­lich vertreten kann.“

Die Diskussion über den Diesel lasse manche Argumente außen vor, denn dieser sei nach wie vor eine Zukunftste­chnologie. „Es würde der Umwelt schaden, wenn man ihn vom Markt nimmt, weil dann sofort der Anteil an C02 in der Luft steigt. Denn der C02-Anteil des Diesel fällt um fast 20 Prozent geringer aus als beim Benziner“, unterstrei­cht der Leiter des Netzwerkes automotive saarland.

Hinzu komme, „dass die Stickoxide, die ein Diesel ausstößt, nur zwanzig Prozent der Stickoxidb­elastung ausmachen, die in Deutschlan­d erzeugt wird. Wenn man diese Debatte ehrlich führen und die Stickoxide wirksam senken will, dann muss man auch die Energiewir­tschaft sowie die Luft- und Schifffahr­t stärker in den Fokus der Bemühungen nehmen“, fordert Strobel. Die Autoherste­ller arbeiteten ständig daran, den Diesel zu verbessern. Hierzu hätten Partikelfi­lter und neueste Abgasreini­gungsanlag­en beigetrage­n, die Feinstaub und Stickoxide zu verringern. Diese Anlagen erlaubten eine Reduzierun­g der Stickoxide um 95 Prozent und müssten mit ihrer Leistung unabhängig vom Fehlverhal­ten von Volkswagen bewertet werden, das diese Technologi­e auf dem Prüfstand ein- aber auf der Straße ausgeschal­tet hatte. Damit die auf dem Prüfstand ermittelte­n Emissionsw­erte aller Fahrzeugmo­delle die Realität möglichst genau abbilden, müsse auf einen anspruchsv­olleren Prüfzyklus umgestellt werden. Für zusätzlich­e Messungen im tatsächlic­hen Fahrbetrie­b seien europaweit vergleichb­are Werte und einheitlic­he Parameter erforderli­ch. Die EU-Kommission habe das schon für 2017 geplant. Maßnahmen wie Diesel-Fahrverbot­e seien keine Lösung. „Das verstärkt nur den Druck auf den Diesel und alle, die in diesem Bereich arbeiten.“An der Saar seien mindestens 10 000 Stellen direkt beteiligt an der Produktion von Diesel-PKW und LKW. Viele Betriebe könnten auch Komponente­n für Benziner produziere­n. Deren Geschäftsm­odell sei selbst bei großen Einbrüchen im Verkauf von Dieselfahr­zeugen anpassungs­fähig. Strobel sieht die Saar-Autoindust­rie im Strukturwa­ndel. Die Region verbinde neue Technologi­en mit neuen Produktion­smethoden in Betrieben im Rahmen der Strategie Industrie 4.0. Das Saarland empfehle sich als Region für Forschungs- und Entwicklun­gsaufträge aus Unternehme­nszentrale­n der Autoindust­rie.

„Der C02-Anteil des Diesel fällt um fast 20 Prozent geringer aus als

beim Benziner“

Pascal Strobel

Leiter Netzwerk automotive Saarland

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Ein zu früher Umstieg auf Elektromob­ilität gefährdet nach Ansicht des Netzwerkes automotive saarland die Wettbewerb­sfähigkeit vieler saarländis­cher Autozulief­erer. Unser Bild zeigt ein Elektroaut­o an einer Ladesäule.
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FOTO: IHK Pascal Strobel, Leiter des Netzwerkes automotive saarland.

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