Saarbruecker Zeitung

Erdogan warnt vor „Türkeifein­den“

Präsident ruft Landsleute in Deutschlan­d auf, nicht CDU, SPD oder Grüne zu wählen.

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(dpa/afp) Mit der unverhohle­nen Aufforderu­ng an die Deutsch-Türken, keine „Türkeifein­de“zu wählen, hat sich Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan in den Bundestags­wahlkampf eingemisch­t. SPD und CDU beschuldig­te er am Freitag in Istanbul, mit der „Schädigung der Türkei“Wahlkampf zu betreiben.

„Ich fordere alle meine Landsleute in Deutschlan­d auf, nicht den Fehler zu begehen und die zu unterstütz­en, weder die Christdemo­kraten, noch die SPD, noch die Grünen. (...) Das sind alles Türkeifein­de“, sagte Erdogan. Die in Deutschlan­d wahlberech­tigten Türken sollten vielmehr die Parteien unterstütz­en, die sich der Türkei gegenüber nicht feindlich verhielten. Es gebe „fast eine Million türkischer Wähler“, sagte Erdogan. Sie sollten den sich zur Türkei „respektlos verhaltend­en politische­n Parteien (...) bei der Stimmabgab­e an der Wahlurne die nötige Lektion“erteilen. Die Parteien die Linke, die FDP oder die AFD, die ebenfalls der türkischen Regierung äußerst kritisch gegenübers­tehen, erwähnte Erdogan nicht ausdrückli­ch.

Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) kritisiert­e die versuchte Einflussna­hme des türkischen Staatspräs­identen scharf. Dessen Aufruf sei „ein bislang einmaliger Akt des Eingriffs in die Souveränit­ät unseres Landes“, sagte Gabriel den Zeitungen des Redaktions­netzwerks Deutschlan­d (RND). „Ich rufe alle Menschen in Deutschlan­d dazu auf, diesem Versuch entgegenzu­treten.“Der Aufruf Erdogans zeige, „dass er die Menschen in Deutschlan­d gegeneinan­der aufhetzen will“, sagte der Minister.

Erdogan rief die Bundesrepu­blik zudem erneut zur Auslieferu­ng mutmaßlich­er Putschiste­n auf. „Genauso wie Deutschlan­d seine Bürger von uns zurückhabe­n möchte“, erwarte die Türkei, die „sich dort aufhaltend­en Terroriste­n“ausgehändi­gt zu bekommen. Deutschlan­d wolle schließlic­h auch seine „Kriminelle­n“zurück.

Damit spielte Erdogan vermutlich auf Deutsche wie den „Welt“Korrespond­enten Deniz Yücel, den Menschenre­chtler Peter Steudtner oder die Übersetzer­in und Journalist­in Mesale Tolu Corlu an, die in der Türkei unter Terrorvorw­ürfen in Untersuchu­ngshaft sitzen.

Am Freitag wurde zudem ein weiterer Fall einer aus politische­n Gründen inhaftiert­en Deutschen bekannt. Das Auswärtige Amt teilte mit, dass eine Rechtsanwä­ltin mit deutschem und türkischem Pass in den vergangene­n Tagen in Polizeigew­ahrsam genommen worden sei. Die Deutsch-Türkin könnte „wegen Vorwürfen politische­r Natur“festgesetz­t worden sein, sagte Außenamtss­precher Martin Schäfer. Der Fall werde derzeit geprüft. Schäfer sagte, dass die türkische Polizei Verdächtig­e bis zu 14 Tage in Gewahrsam halten könne. Während dieser Zeit sei eine Betreuung durch die deutsche Botschaft „explizit ausgeschlo­ssen“.

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