Saarbruecker Zeitung

Die FDP und die Bildungsgu­tscheine

Die Liberalen wollen die Finanzieru­ng von Schulen, Kindergärt­en und Kitas grundlegen­d umkrempeln. Teil sechs der Serie.

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Alle Parteien haben in ihren Wahlprogra­mmen markante und zum Teil auch ungewöhnli­che Ideen parat, die wir in dieser Serie testen. Heute beschäftig­t sich SZ-Korrespond­ent Stefan Vetter mit den Bildungsgu­tscheinen der FDP.

Die Idee: Die Liberalen fordern, die Finanzieru­ng der Schulen, Kindergärt­en und Kitas grundlegen­d umzukrempe­ln. Durch die schrittwei­se Einführung sogenannte­r Bildungsgu­tscheine für jedes Kind entstehe ein transparen­ter Qualitätsw­ettbewerb um die besten Bildungsle­istungen, heißt es in ihrem Wahlprogra­mm. In der Praxis sollen die Eltern den Bildungsgu­tschein an die von ihnen gewählte Bildungsei­nrichtung weitergebe­n. Diese wiederum löst ihn dann beim Staat ein. Dabei sollen staatliche und private Einrichtun­gen den gleichen Betrag erhalten. Bislang sind Privatschu­len auch auf private Mittel der Eltern angewiesen. Mit dem Vorhaben werde die freie Wahl auch zwischen öffentlich­en und freien Bildungstr­ägern ermöglicht, argumentie­rt die FDP.

In Ansätzen gibt es die Bildungsgu­tscheine schon heute, nämlich im Rahmen des Bildungsun­d Teilhabepa­kets für Kinder von Hartz-IV-Familien. Das ist allerdings mit einem hohen Verwaltung­saufwand verbunden. Die FDP-Idee könnte die Bürokratie erst recht beflügeln. Auch ist zu befürchten, dass die soziale Spaltung im Bildungsbe­reich weiter zunimmt.

Die Bewertung: Der Gedanke ist durchaus revolution­är. Nicht mehr die Schulen haben das Geld, sondern die Eltern, um deren Gunst die Schulen dann werben müssen. Eine absolut freie Schulwahl würde allerdings einen Run auf jene Schulen bedeuten, die ohnehin schon einen guten Ruf haben. „Das Hauptrisik­o besteht darin, dass sich die soziale Schichtung der Schülersch­aft so noch weiter verstärkt“, sagt der renommiert­e Bildungsex­perte Klaus Hurrelmann von der Berliner Hertie School of Governance. Denn solche Schulen könnten sich dann natürlich nur die besten Kinder „aus gutem Hause“aussuchen, während die anderen das Nachsehen hätten. Ein Problem ist auch, dass das bislang von den Eltern gezahlte Geld für Privatschu­len, an denen etwa zehn Prozent der Kinder im entspreche­nden Alter sind, über den Staatshaus­halt aufgebrach­t werden müsste. Für eine eher staats-skeptische Partei wie die FDP ist das schon erstaunlic­h. „Positiv wäre allerdings, dass die Eltern dann wüssten, was ein Jahr Kita oder Gymnasium für ihr Kind eigentlich genau kostet und sie daran mit ihren Steuern beteiligt sind“, sagt Hurrelmann.

Eine spannende Idee, aber in der Umsetzung mit vielen Unwägbarke­iten behaftet. Deshalb sollte sie erst einmal regional begrenzt in einem Landkreis oder einer Großstadt ausprobier­t werden.

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